Problem von Anonym - 24 Jahre

Schwer traumatisiert

Es ist schrecklich und ich brauche dringend eure Hilfe. Ich komme mit einem viele Jahre andauerndem Trauma nicht klar. Es hat vor etwas mehr als 20 Jahren angefangen und macht mir heute noch schwer zu schaffen. In meiner Kindheit und Jugend wurde ich von meiner alkoholkranken Mutter psychisch und physisch schwer geschädigt. Ich musste, bis ich mit 20 Jahren ausgezogen bin, Prügel, Demütigung, Druck, extremen Zwang, Erpressung, (Gewalt-)Drohungen, Diktatur, und anderem emotionalem Missbrauch, insbesondere Psychoterror. Schon wenn mich etwas nur im geringsten an sie erinnert, kommen alle traumatischen Erfahrungen hoch. Ich war schon 4 mal in einer Klinik deswegen, aber es wurde und wird einfach nicht besser. Dazu kommen auch noch körperliche Symptome wie Übelkeit, Schmerzen, und eine schwache Abwehr. Ich weis nicht wie ich mit dem Trauma klar kommen soll und brauche dringend eure Hilfe. Ich leide sehr unter Ängsten, Phobien, Selbstzweifel, und fühle mich seelisch zerstört.
Sie ist Ende Februar gestorben und ich trauere ihr überhaupt nicht nach, weil sie 20 Jahre sehr grausam zu mir war und ich mit ihr eine schreckliche Kindheit und Jugend hatte. Es hat ihr Spaß gemacht mich so zu quälen. Bitte helft mir!

Nuala Anwort von Nuala

Hallo du!

Danke, dass du uns geschrieben hast. Deine Zeilen lesen sich auch schon schwer. Ich kann mit jedem Wort deinen Schmerz fühlen. Diese Grausamkeit ist deine Realität und ich finde es sehr traurig, dass du sie derart lang anhaltend und früh ertragen musstest.
Daher verstehe ich auch, dass du nach dem Tod deiner Mutter, die eine Täterin ist, Tod keine Trauer empfindest. Denn die Trauer um deine verlorene Kindheit und Jugend ist vermutlich viel präsenter in dir.

Dass deine Mutter gestorben ist, kannst du aber auch als "Schlussstrich" sehen: Nimm ihn zum Anlass, nun alles nach und nach aufzuarbeiten, um im täglichen Leben nicht immer wieder mit den psychischen und physischen Folgen konfrontiert zu werden. Du weißt es bestimmt selbst, dass du eine Psychotherapie beginnen solltest, um wirklich die passende Hilfe zu erhalten. Denn deine seelischen Verletzungen gehen derart tief, dass weder wir vom Kummerkasten, noch eine Telefonseelsorge oder etwas anderes "Kurzzeitiges" langfristig weiterhelfen können. Ich kann dir also nur insofern helfen, dass ich dich ermutigen möchte, nach einer für dich passenden Therapeutin oder einem Therapeuten zu suchen. Dies kannst du über deine Hausarztpraxis anstoßen. In einer Therapie sind Gespräche und Vorgänge möglich, die in einer Klinik meistens nicht vollumfänglich umsetzbar sind.
Die Erinnerungen aus der Vergangenheit werden zwar nie ganz verschwinden, doch kann es schon ein erstrebenswertes Ziel sein, mit ihnen zu leben, ohne nicht daran zu verbrechen.
Achte bei der Wahl der Therapie bzw. der Person darauf, dass beide passend zu deinem Anliegen, deiner Krankheitsgeschichte sind (eher keine Verhaltenstherapie, sondern eine tiefenpsychologisch ausgerichtete Therapieform) und du ein gutes Gefühl bei dem Menschen hast. Natürlich muss sich Vertrauen erst langsam aufbauen und einen Vertrauensvorschuss solltest du geben, um die Arbeit an deinen Traumata effektiv werden zu lassen. Doch du kannst sehr wohl beim Kennenlerngespräch abklären, wie wohl du dich in der Praxis und mit der Therapeutin/dem Therapeuten fühlst. Scheue dich dann bitte nicht, gleich zu Beginn auf Dinge hinzuweisen, welche dir besonders wichtig im Umgang mit dir sind!
Falls du merkst, dass du dort nicht aufgehoben bist, solltest du es lieber woanders versuchen, um eine Enttäuschung zu vermeiden. Wie bei allen Menschen müssen auch Therapeut:in und Klient:in zusammenpassen.

Neben einer Therapie kannst du dich nach einer Selbsthilfegruppe umsehen, um dich mit Menschen mit gleichen bzw. ähnlichen Erfahrungen auszutauschen. Auch einfach dabei zu sein und zuzuhören kann schon wohltuend sein. Eine Selbsthilfegruppe kann eine echte Therapie allerdings nicht ersetzen, höchstens ergänzen! Auch kann sie helfen, die Wartezeit auf einen Therapieplatz erträglicher zu machen.

Außerdem sind Sport, Meditation, Achtsamkeitsübungen, Spaziergänge in der Natur, künstlerisches Gestalten etc. gute Möglichkeiten, sich abzureagieren, Frust abzubauen und mehr Ausgeglichenheit und Lebensfreude zu erhalten.

Ich wünsche dir nur das Beste!
Nuala