Problem von Anonym - 15 Jahre

Ich möchte die pille nehmen aber meine mutter verbietet mir das

Also ich bin 15 und habe seid längerem einen Freund so und ich denke wir schlafen bald miteinander... so wr hat mich schon gefingert und so weiter und meine mutter hat halt gesagt ich soll noch warten mit ihm. Und sie meinte ich darf die Pille nicht nehmen weil die krebserregend und hormone zu viel und bla bla bla... sie verbietet mir sehr viel weil sie angst um meine gesundheit hat. Sie meinte sie hat die pille auch nie genommen und deshalb soll ich sie auch nicht nehmen. Aber ich möchte sie nehmen, aus dem prinzip das ich nicht schwanger werden, oder eben das risiko eingehen will. Aber wenn ich ihr sage das ich bald mit ihm schlafen will würde sie mich killen, sie will ja nicht mal das er mich intim anfasst und sie will das ich nur mit Kondol verhüte! Aber es ist ja wohl meine entscheidung und ich möchte nicht das hinter ihrem rücken machen mit der pille , weil sie alles rausfindet und ich weiss einfach nicht was ich machen soll!!!

Nuala Anwort von Nuala

Hallo du,

es ist super, dass du dir rechtzeitig Gedanken über Verhütung machst und nicht das Risiko einer Schwangerschaft eingehen möchtest.
Auch ich fände es an deiner Stelle ätzend, so viele Verbote zu kassieren. Und schade ist es, dass deine Mutter dir da nicht mehr Selbstbestimmung gibt und dir vertraut, die für dich richtigen Entscheidungen zu treffen. Natürlich steht es außer Frage, dass du sexuell mit deinem Freund aktiv sein darfst. Das kann sie dir nicht verbieten. Sie kann aber durchaus Regeln festlegen, die z.B. euer Zuhause betreffen, u.a., ob dein Freund bei euch übernachten darf.

Wenn du sagst, dass du nur auf die Pille setzen willst und es dir egal ist, was gegen die Pille spricht, musst du in den sauren Apfel beißen und mit deiner Mutter so lange verhandeln, bis sie dir diesbezüglich grünes Licht gibt. Du hast Recht: Heimlichtuerei ist kacke und unfair. Du kannst ihr entgegenkommen, indem du dich verantwortlich zeigst, dich über alle gängigen Verhütungsmittel informierst und ggf. gemeinsam mit ihr zu deiner Gynäkologin oder Gynäkologen gehst. Wenn sie dabei sein darf, bekommt sie mehr das Gefühl, mitentscheiden zu dürfen, was sich wiederum positiv auf ihre Kompromissbereitschaft auswirken kann. Auch mit deinem Freund und ihr solltest du dich zusammensetzen und so offen wie möglich über eure Verhütungspläne sprechen, auch wenn das gewöhnungsbedürftig klingt. Doch hat es den klaren Vorteil, dass sie euch als vertrauenswürdig und vernünftig erleben und in Kenntnis gesetzt werden kann.
Für den Fall, dass sie weiterhin strikt gegen die Pille bleibt, solltest du anderweitig verhüten, bis du volljährig bist oder sie ihre Meinung geändert hat. bezüglich der Alternativen zur Pille habe ich dir einige Infos zusammengestellt.

Dennoch möchte ich eine Lanze für deine Mutter brechen: Auch wenn sie ihre Sorge bzw. Kritik vermutlich ziemlich ungeschickt rübergebracht hat und es nicht so ist, dass die Pilleneinnahme automatisch zu gesundheitlichen Problemen führt, ist das, was sie sagt, nicht unberechtigt. Ich sehe die Pille aus verschiedenen Gründen kritisch und möchte dir das gerne beschreiben (...und falls du denkst, dass ich keine Ahnung davon habe - ich habe die Pille jahrelang durchgehend eingenommen. Dazu unten mehr...).

1. Verhütung sollte partnerschaftlich gelöst werden. Es ist nicht sonderlich fortschrittlich, dass Verhütungssache immer noch als Frauensache gesehen wird. Frau soll die Pille einwerfen und fertig. Dabei ist es sehr wichtig, gemeinsam als Paar die Verantwortung zu übernehmen. Denn beide sind schließlich auch an der Sexualität beteiligt. Folglich ist es gerechter, wenn Verhütung nicht allein an den Frauen hängenbleibt. Insofern sind Kondome ideal, denn da können sich beide einbringen.

2. Deine Mutter hat insofern Recht, als die Pille durchaus mit einem Medikament vergleichbar ist, das in den Hormonhaushalt drastisch eingreift und auch Psyche, Libido und die Körpervorgänge durcheinanderbringen kann. Es kann passieren, dass ein Mädchen/eine Frau starke Stimmungsschwankungen oder gar depressive Verstimmungen bekommt (oft sind die Ursachen dann nicht geklärt, weil viel zu selten an hormonelle Verhütung als Auslöser in Betracht gezogen wird). Auch der Geruchssinn kann leiden - dass man Gerüche schlechter wahrnehmen kann. Auch Gewichtszunahme, Haarausfall, Hautstörungen, Thromboseneigung uvm. sind mögliche Nebenwirkungen. Allein das Gefühl, nicht mehr ganz "man selbst" zu sein (denn die Hormone regeln in unserem Körper sehr viel) ist ein wichtiger Aspekt. Ich finde das ziemlich bedenklich, weil es a) auch anders geht (es gibt genug gute Verhütungsmittel, die ohne Hormone auskommen) und b) zu wenig über diese Gefahren aufgeklärt wird. Leider wird die Pille sehr rasch verschrieben und zu wenig das Pro und Contra erörtert. Doch als junge Frau sollte man schon Bescheid wissen, was man da täglich einnimmt.

3. Die Umwelt wird durch die permanent über die Toiletten ausgeschiedenen Hormone belastet, weil die Kläranlagen sie nicht aus dem Abwasser filtern können. Das bedeutet, dass nicht nur Tiere und Pflanzen belastet werden und sich dadurch zum Teil verändern, sondern auch wir Menschen über unser Leitungswasser ungewollt Hormone aufnehmen.

4. Die Pille wird sehr aggressiv beworben. Die Pharmaindustrie hat ein großes Interesse daran, dass in frauenärztlichen Praxen sehr schnell und flächendeckend die Pille verschrieben wird, weil sie damit viel Absatz machen können. Daher wirst du es eher selten erleben, dass alle guten Verhütungsmittel fair vorgestellt werden und du eine echte Entscheidung auf Grundlage von Transparenz treffen kannst.

5. Das Gefühl für den eigenen Körper geht unter Hormoneinnahme verloren bzw. kann sich gar nicht erst aufbauen, wenn schon junge Mädchen wie du mit der Pille verhüten. Soll heißen: Die natürlichen Körperzeichen, die Fruchtbarkeit und Unfruchtbarkeit während des Zyklus anzeigen, werden gar nicht kennengelernt, weil die Pille sie unterdrückt. Du hast unter Pilleneinnahme weder eine echte Menstruation, noch sich verändernden Zervixschleim. Mittelschmerz, Brustsymptom und weitere sehr nützliche Körperzeichen auch nicht. Diese sind aber toll, weil sie nicht nur helfen, auf einfache Weise zu verhüten, sondern auch das tiefere Verständnis für das Wechselspiel von Körper, Geist und Seele fördern. In einem natürlichen Zyklus kann ein Mädchen oder eine Frau z.B. beobachten, wann sie die größte Lust auf Sex hat. Oder wann sich ihre Periode ankündigt. Oder dass sie in ihrer hochfruchtbaren Zeit zu Pickeln und fettigen Haaren neigt. Um nur einige Beispiele zu nennen. Nimmt man die Pille, ist alles gleichbleibend monoton - was schlimmstenfalls durch depressive Verstimmungen noch verstärkt werden kann.
Und versteh mich bitte nicht falsch: Natürlich klingt es zunächst verlockend, nur eine kleine Tablette pro Tag einzunehmen und dann ist alles erledigt. Doch was einem dabei entgeht, sollte man sich schon wenigstens bewusst machen und sich ehrlich fragen, ob man das wirklich möchte. Es geht hier auch um Freiheit. Ja, du kannst sagen: Ich habe die Freiheit, die Pille zu nehmen. Aber deinen Körper hast du damit fest im Griff. Da geschehen dann mitunter Dinge, die du nicht kontrollieren kannst. Was wiederum zu Unfreiheit führen kann.

6. Die Pille schützt weder vor sexuell übertragbaren Krankheiten, noch ist sie der Heilige Gral der Verhütung. Sie muss korrekt eingenommen werden und bei Erbrechen und Durchfall muss zusätzlich verhütet werden. So kann es folglich auch unter der Pille zu ungewollten Schwangerschaften kommen. Im besten Fall sollte bei einer neuen Partnerschaft immer ein HIV-Test gemacht werden und am besten noch ein Test auf weitere sexuell übertragbare Krankheiten.

7. Die Pille verleitet dazu, sich weiter in Unwissenheit zu halten. Erschreckend viele Frauen wissen so gut wie nichts über ihre Fruchtbarkeit und ihren Zyklus. Es herrscht viel Unkenntnis. Einige werden ungewollt schwanger, weil Fehlinformationen sogar in Biologiebüchern verbreitet werden (z.B. die berühmte Annahme, der Eisprung würde am 14. Zyklustag erfolgen - was absoluter Schwachsinn ist. Jeder Zyklus ist anders und einen exakten Zeitpunkt kann niemand bestimmen. Der Eisprung kann schon am Zyklustag 10 erfolgen oder auch erst an Tag 32, weil jeder Zyklus unterschiedlich lang sein kann und von Mädchen zu Mädchen bzw. Frau zu Frau total unterschiedlich ist).

8. Entschließt frau sich zur natürlichen Verhütung: Es ist einfach entspannend, alle Zügel selbst in der Hand zu halten, indem man über den eigenen Körper und seine Vorgänge Bescheid weiß und sich so beruhigt zurücklehnen kann. Nicht mehr das bange Fragen: Wann bekomme ich meine Tage endlich?!, was enormen Stress und Angst bedeuten kann. Nicht mehr dieses unsichere Zögern, wenn es um ganz natürliche Sachen wie Eisprung und Schleim geht. Das ist alles normal, das ist kein krankhafter Ausfluss. Dieses Wissen gibt dir Ermächtigung!

Ich war lange Zeit so eingestellt wie du und habe von meinem 14. Lebensjahr bis zum Alter von 24 die Pille eingenommen. Ich habe sie vordergründig gut vertragen (was nicht heißt, dass ich nicht irgendwelche Nachteile hatte, die ich nicht mit der Pille in Verbindung bringen konnte). Und doch habe ich sie dann einfach abgesetzt und mich bewusst für nicht-hormonelle Verhütung entschieden: Kondome in der fruchtbaren Zeit. Die fruchtbare Zeit erkenne ich anhand der sogenannten symptothermalen Methode, in der verschiedene Körperzeichen täglich beobachtet werden. Damit bin ich viel glücklicher als mit der Pille. Ich nehme mich selbst viel besser wahr und fühle mich einfach "echt". In der Partnerschaft kann ich mein Wissen über meine Körpervorgänge teilen und meinen Freund teilhaben lassen. Er kann mit entscheiden, wann und wie es Sex gibt, was zu beachten ist, kann mich auf seine Beobachtungen hinweisen etc.

Du klingst so, als würdest du Kondome nicht mögen. Sie haben aber wirklich große Vorzüge! Du weißt es bestimmt selbst, aber sie schützen dich vor allen Krankheiten, die sonst nur per Femidom zu verhüten sind. Und das Femidom ist deutlich kniffliger in der Anwendung, wenn man sexuell unerfahren und ungeübt ist.
Kondome bieten bei richtiger Anwendung absoluten Schutz - ganz ohne Nebenwirkungen. Natürlich kann es in seltenen Fällen vorkommen, dass das Material porös ist oder ab Fertigung einen Fehler aufweist. Daher finde ich es so wichtig, sich mit der Körperbeobachtung abzusichern und im Zweifelsfall lieber auf Sex zu verzichten oder eine weitere Verhütungsmethode wie z.B. das Diaphragma anzuwenden. Da können die Partner:innen übrigens auch super miteinbezogen werden.
Kondome können in das Vorspiel wunderbar eingebaut und zur zusätzlichen sexuellen Stimulation und Erregung genutzt werden. Mit der richtigen Größe für den jeweiligen Penis ist das Kondom ein sehr zuverlässiges Verhütungsmittel. Siehe auch hier: https://www.vinico.com/beratung/kondom-beratung/

Neben Kondom, Diaphragma etc. gibt es noch die Spiralen und Ketten, die in die Gebärmutter eingesetzt werden. Diese kommen auch ohne Hormone aus. Sie sind ebenfalls mit den anderen mechanischen Verhütungsmitteln kombinierbar, um den Schutzfaktor zu erhöhen. Hier zum Beispiel die sogenannte Gynefix, von der ich viel Gutes gelesen habe: https://www.verhueten-gynefix.de/neues-verhuetungsmittel Diese ist auch für junge Mädchen geeignet.

Hier noch zwei erklärende Videos zur Körperbeobachtung und zur sympothermale Methode:
https://www.youtube.com/watch?v=_4jGOiiqyBU (eine junge Frau erzählt von ihren schlechten Erfahrungen mit hormoneller Verhütung und von ihrer natürlicher Verhütung)
https://www.youtube.com/watch?v=zc3afy4kyRc&index=3&list=RDA9sfgORmbg8 (eine sehr gute Einführung in die symptothermale Methode und Erläuterung der natürlichen Körpervorgänge)

Meine Empfehlung: Geh mit deinem Freund und mit deiner Mutter ins Gespräch. Schaut euch die Videos an, lest in den empfohlenen Büchern, lasst euch frauenärztlich beraten. Aber Vorsicht: Leider kennen sich auffällig wenige Ärzt:innen mit natürlicher Verhütung aus bzw. sind zu wenig darauf vorbereitet, dass sie kompetent über alle möglichen Verhütungsmethoden aufklären können. Also stell dich darauf ein, dass es sehr einseitig in Richtung Pille geraten kann. Dann entweder weitere Informationen einfordern oder - wenn du allgemein unzufrieden dort bist - einfach woanders hingehen.

Also: Information in alle Richtungen ist das A und O erfolgreicher Entscheidungsfindung und letztlich Verhütung. Ich habe dir viel genannt, was gegen die Pille spricht. Dennoch geht es in erster Linie darum, was du persönlich möchtest. Mir war es ein Anliegen, dich zu informieren und deinen Horizont zu erweitern. In bestimmten Fällen kann die Pille wirklich die beste Variante sein. Das muss aber gut geklärt und abgewogen werden - allein welche Art der Pille für dich geeignet wäre. Welche Nachteile bin ich bereit, in Kauf zu nehmen? Und wie kann ich es anders lösen? Frag deinen Freund, zeige ihm meinen Text, setze dich mit den Ängsten deiner Mutter auseinander. Ich drücke euch die Daumen, dass ihr alle gemeinsam in einen konstruktiven Dialog geratet, der zwar anstrengend, aber letztlich bestenfalls für euch alle zufriedenstellend verläuft.

Alles Liebe!
Nuala