Problem von Anonym - 17 Jahre

Verzweiflung

Hallo, ich habe seit drei Jahren die Diagnose Angst und emotionale Störung bekommen. Ich ritze mich auch schon seid vier Jahren. Meine Eltern haben vor kurzem entschieden das sie sich trennen werden. Meine Mutter geht davon aus das ich mit ihr weg ziehen werde. Mein "Vater" hat mich als ich drei Jahre alt wahr adoptiert und ist laut Papier mein Vater und hat mit meiner Mama zs das Sorgerecht für mich. Er ist seid mehreren Jahren massiver Alkoholiker. Helfen lassen kann und möchte er sich nicht wir haben alles versucht. Ich war vor drei Jahren für drei Monate in einer tagesklinik. Ich weiß nicht ob ich mit meiner Mama ziehen möchte ich kann meinen Papa nicht alleine lassen dann säuft er sich ins Koma oder fällt wieder die Treppe runter und bricht sich noch das genik. Meine Mama arbeitet nachts und das viel wenn ich dann mit Papa alleine bin kann ich nicht schlafen weil ich Angst habe das er hinfällt wenn er betrunken ist. Ich bin total überfordert und habe mich auch schon an meine Therapeutin gewandt und auch schon mit einer vertrauens Lehrerin gesprochen aber das hat alles nichts geholfen. Ich habe wieder starke Suizid Gedanken und ich bin total verzweifelt weil ich nicht mehr weiter weiß. Mir kann keiner sagen was ich tun soll aber ja.. Ich habe vor vier Jahren mein Pferd verloren dieses Jahr mein zweites Pferd verloren vor sechs Jahren meinen Hund verloren. Ich bin am Ende mit meinen Nerven. Brauchen bitte einen Rat eine andere Sichtweise

Nuala Anwort von Nuala

Hallo du!

Leider hat es ziemlich lange gedauert mit einer Antwort für dich, dafür möchte ich mich bei dir entschuldigen. Ich will dir sehr gerne weiterhelfen.
Du hast schon lange eine sehr harte Zeit. Es muss schrecklich für dich sein, deinem Vater nicht helfen zu können.

Ich finde es auf jeden Fall schon super, dass du bei einer Therapeutin bist, zu der du bestenfalls ein stabiles und konstruktives Verhältnis hast (sollte dies nicht so sein, wäre es sehr wichtig, dass du dir eine andere Therapeutin/einen Therapeuten suchst, denn die richtige Chemie ist wirklich entscheidend im Prozess des Gesundwerdens!).

Viele deiner Sorgen stammen aus deiner Familie. Das muss sich ändern. Du schreibst selbst, dass du überfordert bist. Gleichzeitig hast du schon versucht, dir Hilfe bei deiner Therapeutin und der Vertrauenslehrerin zu holen. Das ist wirklich ein guter Anfang! Ich mache es jetzt mal recht kurz und bündig, da ich der Ansicht bin, dass dir direkte Punkte am besten aus deiner Notlage helfen:

1. Dein Papa muss sich selbst helfen. Ihr habt alles probiert. Du kannst nicht mehr tun, auch wenn das sehr schwer zu akzeptieren ist. Bitte schau ab sofort nur auf dein eigenes Wohlergehen - denn du hast massive psychische Beeinträchtigungen. Noch dazu bist du das Kind, die Tochter und nicht die Erwachsene.

2. Bitte gehe allein danach, was für dich wohntechnisch am besten wäre - völlig unabhängig von deinem Vater.

3. Sollte es noch offene Punkte geben, beispielsweise, wie du in Zukunft mit der Alkoholsucht deines Vaters umgehen kannst, solltest du bei deiner Therapeutin gezielt um Input bitten. Stichworte sind hier v.a. Co-Abhängigkeit und Selbstfürsorge. Auch wie du gesunde Alternativen zum Ritzen für dich etablieren kannst, halte ich für sehr wesentlich.

4. Sprich bitte auch mit deiner Mutter - ihr könnt, wenn ihr fest zusammenhaltet, euch gegenseitig Felsen in der Brandung sein. Das klappt aber nur, wenn ihr euch nicht voreinander zurückzieht, sondern ein gewisses Maß an Offenheit und Vertrauen aufbringt.
Wahrscheinlich wäre ein Besuch in einer Familienberatungsstelle für euch beide sinnvoll, da ihr deinen Vater bzw. ihren Partner nicht einfach aus eurem Leben streichen könnt und wollt. Gerade was die eigene Verstrickung (Co-Abhängigkeit...) und Überforderung angeht, ist es sehr gut, sich die Profi-Unterstützung zu sichern. Außerdem kann dort vermutlich am ehesten geklärt werden, inwiefern deinem Vater von außen beigestanden werden kann (z.B. ob er eine Betreuung erhalten müsste).

Speziell in deiner Situation wäre es wahrscheinlich noch wichtig, dass du dich innerlich und äußerlich auf bestimmte Weise von deinem Vater distanzierst. Das bedeutet nicht, dass du ihn nicht mehr sehen und lieben darfst! Ganz im Gegenteil. Die Liebe ist das, was ihm Kraft geben kann. Doch Lieben heißt nicht, ständig präsent zu sein. Die Liebe ist in deinem Herzen, da ist sie auch gut aufgehoben. Du kannst ihm liebevolle Gedanken und Worte senden, dafür musst du nicht bei ihm wohnen und ihn auch nicht besuchen. Vor allem dann, wenn er durch bestimmte Umstände dann doch wieder Zuversicht aufbauen und einen Neuanfang ohne Alkohol wagen möchte, kann er von deiner Zuneigung zehren. Dann ist es für ihn umso wertvoller, seine Tochter in seiner Nähe zu wissen.
Doch bis dahin geht es besonders darum, dass du selbst endlich wieder stabil wirst. Da ist eine gewisse Distanz also nötig, denn sonst gehst du daran kaputt. Du brauchst deine Energie für dich!

Gib deiner Trauer um den Verlust deiner Pferde und deines Hundes ausreichend Raum. Du scheinst noch sehr gefangen in dem Verlust zu sein. Das verstehe ich vollkommen. Geliebte Tiere zu verlieren, kann unendlich wehtun und ist oft genauso schlimm, wie einen Menschen nicht mehr in seinem Leben zu haben.
Wie wäre es, wenn du sie aus deinem Gedächtnis heraus oder von Fotos abmalst, abzeichnest? Oder ihnen ein Gedicht widmest? Du kannst auch dir Nahestehenden von deinen Tieren berichten, was sie so besonders für dich gemacht haben. Was du mit ihnen erlebt und durchgestanden hast. Das ist sicherlich viel zusammengekommen!

Zu dem Punkt, dass du bitte ab sofort möglichst auf deine eigene Gesundung und dein Wohlergehen schaust, gehören u.a. auch folgende Tipps:
- Gespräche mit Freund:innen, Austausch mit anderen Betroffenen
- ausreichend Schlaf, Ruhe und Zeit für dich
- gesunde Ernährung und Bewegung
- kein Verdrängen oder Betäuben der Sorgen durch Drogen
- Tagebuchschreiben, Gefühle und Gedanken aktiv wahrnehmen
- Entspannungstechniken, Sport, Kunst, Hobbys...
- Selbstbefriedigung und Sexualität
- Tiere im Tierheim besuchen und versorgen, eventuell wieder ein eigenes Haustier?

Veränderungen geschehen meistens nicht über Nacht. Von daher wird sich nicht alles schlagartig zum Besseren kehren. Aber du wirst merken, dass es vorangeht - jeden Tag ein bisschen, wenn du nicht aufgibst. Ich glaube fest daran, dass du es schaffen kannst.

Du kannst dich jederzeit wieder an uns wenden, wenn du das Bedürfnis danach hast.

Ich wünsche dir das Allerbeste, Durchhaltevermögen - und denke an dich.

Nuala