Problem von Anonym - 32 Jahre

Mein Freund will seine Mutter nicht alleine lassen

Hallo,
Ich brauche einen guten Rat, weil ich total verzweifelt bin und nicht mehr weiter weiß.
Ich habe mich nach einer langen Beziehung von meinem Mann für einen anderen getrennt. Die Ehe lief nicht sehr gut, ich war ständig nur allein und finanziell hat mein Ex alles auf den Kopf gehauen.
Dann lernte ich meinen Freund aus Zufall kennen und dachte mir....jetzt oder nie. Ich wollte unbedingt was neues wagen und hatte mich schnell in ihn verliebt.
Problem: Er ist 33 und wohnt noch bei Mutti.
Ich hatte von Anfang an Probleme damit, habe aber ihm zuliebe versucht mich damit übergangsweise anzufreunden. Er sagte mir von vorn herein, dass er "bald" ausziehen möchte.
Nun sind wir ein halbes Jahr zusammen und es passiert einfach nichts. Er hat für dieses Jahr keinen Plan wie es weiter gehen soll. Wenn ich ihn vorsichtig drauf anspreche, geht er sofort an die Decke und sagt, dass er seine Mutter nicht alleine lassen will. Er hat Angst, dass sie sich was antut, da sie eine schwere Vergangenheit hinter sich hat und alleine von einer mikrigen Rente keine Wohnung halten kann.
Ich weiß natürlich auch, dass ein halbes Jahr Beziehung noch nicht allzu lange ist, aber ich ertrage es nicht mehr, jedes Wochenende in einem kleinen Kinderzimmer mit null Rückzugsmöglichkeit zu hocken.
Zu mir kommt er kaum...warum auch immer.
Ich bin auch bereit meine Zelte hier abzubrechen und näher zu ihm / mit ihm zusammen zu ziehen....aber ohne Mutti. Das kann ich einfach nicht.
Ich finde einfach, dass diese Frau langsam alleine klar kommen muss.
Ich bin natürlich langsam der Feind in ihren Augen, da ich ja schließlich diejenige sein könnte, die ihren Sohn weg nimmt (So ein Quatsch).
Die Frau hat kaum soziale Kontakte und geht kaum vor die Tür. Immer hört man nur von ihrer schlimmen Vergangenheit und sie macht auf Mitleid und fängt an zu weinen.
Ich kann mir das kaum noch anhören...als ich das meinem Freund sagte, hat er gemeint, dass ich halt nicht so ein Familienmensch wie er sei.
Das ist totaler Schwachsinn...Ich liebe meine Familie, bin nur einfach schon seit 10 Jahren selbstständig und wohne nicht mehr zuhause.
Ich frage mich die ganze Zeit, ob da noch irgend eine Chance bestehen könnte, dass sich alles zum guten wendet und er sie loslässt.
Jeden Abend bin ich nur am weinen und frage mich ab und zu auch, ob es richtig war, meinen Mann zu verlassen (auch wenn ich für ihn keine Gefühle mehr habe).
Mittlerweile bin ich richtig depressiv geworden und will mein Leben einfach nicht mehr so weiter führen...
Ich klammer mich momentan an jeden kleinen Hoffnungsschimmer von meinem Freund....habe aber das Gefühl immer wieder enttäuscht zu werden.
Bin ich zu sensibel? Oder besteht bei so Situationen kaum Hoffnung?
Von meinem Freund kommt immer nur die Aussage, dass ich ihn nicht unter Druck setzen soll :(
Da er noch nie allein oder mit der Partnerin zusammen gewohnt hat, versteht er einfach meine Probleme nicht und auch nicht, warum ich in so einem kleinen Zimmer Panikattacken bekomme.
Ich wünsche mir doch einfach ein ruhiges Leben zu zweit, eine Familie, Kinder.
Sein wunsch sei das auch....sagt er jedenfalls.
Ich würde mich über Antworten sehr freuen.

Nuala Anwort von Nuala

Liebe Unbekannte,

ich finde es beachtlich, wie viel du mitmachst und erträgst. Das klingt wahrlich bedrückend - nicht nur das kleine Zimmer! :(
Leider habe ich schlechte Nachrichten für dich. Kämpfen um die Liebe und die Partnerschaft ist sehr lobenswert. Doch muss dann echte Liebe da sein. Und eine Beziehung, die diesen Namen auch verdient.

Ich habe vor geraumer Zeit einen sehr ähnlichen Fall mitverfolgt, der letztlich darin geendet ist, dass sich die Freundin getrennt hat und daraufhin viel glücklicher leben konnte.
Die Parallelen sind wirklich frappierend: Der Sohn ist völlig von der Mutter eingenommen, gibt ihr dauernd Geld, besucht sie ständig, verteidigt sie usw.
Auch diese Betroffene hatte mit dem Gedanken gespielt, in seine Nähe zu ziehen. Und so wie du hat sie sich dauernd den Kopf zerbrochen, wollte mit ihm alles klären und passende Lösungen finden. Nur: Er war kein bisschen zugänglich für eine Veränderung zugunsten der beiden. Wenn es nach ihm gegangen wäre, wären sie beide beider Schwiegermutter eingezogen - mit vielen Einschränkungen, Kränkungen und Gängelungen. Du kennst das ja.
Die Freundin hat sich dann gegen die Partnerschaft entschieden und hat eigene Wege eingeschlagen. Das hat sie sehr erfüllt, weil sie endlich den Druck und die Enge nicht mehr spüren musste. Und die permanenten Entwertungen der Schwiegermutter nicht mehr ertragen musste. Bei ihr haben psychische Vorprägungen übrigens eine wichtige Rolle gespielt, weswegen sie sich so von der Schwiegermutter kleinmachen lassen konnte. Sie hat dann eine Therapie zur Aufarbeitung ihrer eigenen Vergangenheit begonnen und sich langsam immer besser erkannt und verstanden (sie war im eigenen Elternhaus teilweise ähnlichen Situationen ausgesetzt gewesen und hatte sich selbst zu unwichtig genommen, daher hat alles über lange Zeit "prächtig" funktioniert...).

Und das würde ich dir ehrlich gesagt auch raten, denn es gibt in solchen Konstellationen keinen Gewinn. Du hast von Anfang an den Platz der "Verliererin", der "Eindringenden" zugewiesen bekommen. Dein Freund und seine Mutter sind sehr aneinander gekettet, bzw. lässt er sich von ihr an sie ketten. Vermutlich wurde er schon von Kindesbeinen stark zu ihren Gunsten manipuliert.
Ich glaube nicht nur, dass du dieses starre System nicht durchbrechen und deinen angemessenen Platz nicht einnehmen kannst, sondern auch, dass du schleunigst wegen deiner psychischen Reaktionen das Weite suchen solltest. Deine Gesundheit geht vor, in jeder Hinsicht! Verständnis hin - oder her, aber wenn dein freund sich da nicht auf deine Seite stellt, ist ihm nicht zu helfen. Natürlich kannst du es erst mit einem ernsten Ultimatum versuchen, doch dann am besten gleich mit den weiteren Schritten im Kopf. Ich gehe nicht davon aus, dass es von Erfolg gekrönt sein würde.

Und noch etwas: Du schreibst, dass du Kinder möchtest. Allein das ist meiner Ansicht nach ein Grund, sich aus dieser giftigen Beziehung zu lösen, um jemanden zu treffen, der nicht nur auf breiter Linie zu dir passt, sondern auch mit dir auf Augenhöhe steht und deinen Kinderwunsch und alles Dazugehörige zielstrebig angeht.

Du solltest nun die Notbremse ziehen und dich selbst in Sicherheit bringen.
Am besten lässt du dich zusätzlich psychologisch beraten, was deine aktuellen Symptome und deine Gesamtsituation angeht. So geht es dir in einigen Monaten hoffentlich deutlich besser! Und glaube nicht, dass du in deine alte Beziehung zurückgehen solltest - dort warst du ja auch unglücklich. Es geht jetzt um das, was du WIRKLICH brauchst, ohne faule Kompromisse und andauerndes Zurückstecken. Du bist es wert, eine Beziehung mit Geben UND Nehmen zu haben, in der deine Bedürfnisse und Wünsche geachtet werden.

Ich wünsche dir alles Gute!
Nuala