Problem von Cici - 22 Jahre

Identitätskrise- ich weiß nicht wohin mit mir...

Vor zwei Tagen wurde ich fristlos während der Probezeit in meiner Ausbildung gekündigt, ohne jegliche Angabe von Gründen. An diesem Tag habe ich mich erst noch auf die Arbeit gefreut und als ich so im Auto saß und auf dem Weg zu meiner Arbeitsstelle war, da habe ich noch gedacht: "Heute wird ein guter Tag!". Ich bin positiv in den Tag gestartet und habe mich bei der Arbeit bemüht meine Aufgaben richtig und ordentlich zu machen. Ich habe mich eigentlich immer bemüht, zumindest dachte ich das von mir selbst.

Die Ausbildung zur Hotelfachfrau war nicht gerade meine erste Wahl, da ich davor schon ganz viele unterschiedliche Dinge ausprobiert habe, allerdings nie lange durchgehalten und dann wieder beendet habe - jedes Mal ohne etwas zu Ende zu bringen.
Bevor ich die Ausbildung als Hotelfachfrau anfangen konnte, habe ich eine Zeit lang als Leiharbeiterin für diverse Firmen gearbeitet. Die Arbeit war sehr monoton und hat mich psychisch unglaublich belastet, da ich dort geistig nicht gefordert wurde. Ich habe einfach 8 Stunden am Tag irgendwelche Bauteile in eine Maschine gelegt, oder irgendwelche Plastik-Knöpfe für einen Automobilhersteller auf kleine Mängel geprüft und aussortiert. Das Einzige worauf ich mich freuen konnte, waren immer die kleinen 15 Minuten Pausen dazwischen, wo ich kurz an die frische Luft durfte und mal die Sonne gesehen habe. Die Zeit dazwischen kam mir vor wie in einem Gefängnis. Lange ausgehalten habe ich es dort nie. Die erste Firma verabschiedete sich von mir, weil ich die Nachtschicht nicht ausgehalten habe. Ich konnte Nachts einfach nicht Arbeiten und war hundemüde, da ich tagsüber auch nicht Schlafen konnte. Nach 3 Tagen Nachtschicht war ich bereits nervlich am Ende und fing an zu Heulen. Kurz darauf warf ich das Handtuch und teilte mit, dass ich in Nachtschicht einfach nicht Arbeiten kann.
Die nächste Firma verabschiedete sich von mir nach circa einem Monat. Grund dafür: Ich habe mich öfter krankschreiben lassen, da mir jegliche Kraft und Motivation fehlte, um wieder 8 Stunden einer derart monotonen Arbeit an einer Maschine nachzugehen. Ich habe echt meinen größten Respekt vor den Leuten, die das seit Jahren machen und noch immer ihr Lächeln bewahren konnten.. ich konnte es nicht.
Damals schaffte ich gerade so meinen Hauptschulabschluss nach der 10ten Klasse. Ich hätte weitaus mehr schaffen können- sogar mein Abitur, aber ich war faul. So wurde es mir immer von Allen gesagt. Ich war einfach zu faul und irgendwie stimmte es ja auch. Ich hatte nämlich einfach keine Lust zu lernen, oder meine Hausaufgaben zu machen. In der Grundschule wurde bei mir eine Dyskalkulie (Rechenschwäche) diagnostiziert. In Mathe bin ich ein Vollversager. Im Kopfrechnen würde selbst ein 90-Jähriger, der an Demenz erkrankt ist noch schneller sein als ich. Ich habe kein Verständnis für Zahlen. Zusätzlich zu der Dyskalkulie wurde bei mir ADS (ja, ohne das H dazwischen) festgestellt. Ich habe also angeblich ein Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom, ohne Hyperaktivität. Ich bin eher der kleine Träumer und lebe in meiner eigenen Welt. Es fällt mir sehr schwer eine Autoritätsperson als diese zu akzeptieren. Das allein führte selbstverständlich schon seit meiner Schulzeit oft zu kleineren Auseinandersetzungen mit meinen Lehrern.
Nachdem ich meinen Hauptschulabschluss nach der 10ten Klasse gerade so geschafft habe, habe ich mich dazu entschieden noch den Realschulabschluss, also die mittlere Reife nachzuholen. Das habe ich auch noch irgendwie geschafft, mit halbwegs guten Noten. Danach war ich motiviert und habe mir vorgenommen, das Fachabitur oben drauf zu setzen. 1 Jahr habe ich durchgehalten, dann hatte ich keine Lust mehr und habs abgebrochen. Ich hab mich ständig krankschreiben lassen, weil ich einfach keine Lust hatte zur Schule zu gehen. Es war nicht, weil ich die Schule schlimm fand, sondern weil mir der Antrieb und die Motivation einfach irgendwie fehlte. Ich kam Morgens nicht aus dem Bett und war jedes Mal wie gelähmt. Selbst die morgendliche Routine im Badezimmer war für mich ein Kampf. Zähneputzen, Anziehen, fertig machen. Keine Lust. Kein Antrieb.

Nachdem ich das Fachabitur abgebrochen habe, habe ich mich mit kleinen Nebenjobs eine Zeit lang über Wasser gehalten, dann habe ich mir vorgenommen eine Ausbildung zu machen, um doch noch etwas in der Tasche zu haben. Ich bewarb mich für ganz viele unterschiedliche Ausbildungsplätze, weil ich letztendlich selbst nicht mal wusste, was mir eigentlich gefällt- oder was zu mir passt. Ich bekam einige Absagen und dann landete ich am Ende bei einem Versicherungsunternehmen und startete eine Ausbildung als Kauffrau für Versicherungen. Auch dort merkte ich schnell: Das macht mir keinen Spaß, keine Lust mehr. Wieder blieb ich Morgens öfter einfach liegen und ließ mich wieder krankschreiben. Irgendwann flog ich deswegen auch von der Berufsschule. Zu viele unentschuldigte Fehlstunden, also raus! Mein damaliger Ausbilder hatte irgendwann genug von mir und somit einigten wir uns auf eine einvernehmliche Auflösung des Ausbildungsverhältnisses und ich stand wieder vor dem Nichts.

Und nun stehe ich wieder vor dem Nichts. Die Ausbildung, die ich nun wirklich mal durchziehen wollte- weg. Ich habe Angst vor der Zukunft. Ich habe Angst davor, als Versager zu enden.
In unserer Gesellschaft ist es so in den Köpfen verankert, dass man nur "etwas" ist, wenn man auch etwas besitzt. Wir identifizieren uns durch materiellen Besitz. Mein Auto, mein Haus, meine Uhr etc. etc. Wenn du einen Bachelor, Master, oder sogar den Doktortitel besitzt- dann bist du was. Und ja ich glaube wirklich, dass dieser Erfolg einen zufriedener machen kann. Ich denke auch, dass es einem viele Sorgen und Probleme nimmt, wenn man am Ende des Monats viele schwarze Zahlen auf seinem Konto sieht, aber letztendlich füllt es doch nicht komplett die Lücke in uns?! Ich brauche eine Berufung, die mir Spaß bereitet und mir sinnvoll erscheint- die einen Mehrwert für unsere Gesellschaft hat, nicht nur für mich selbst, damit ich von Schampus und Blattgold auf dem Tisch leben kann. Ich will andere Menschen bereichern, ihnen helfen und sie inspirieren. Stichwort: Nächstenliebe.
Aber was soll ich machen? Wohin soll ich gehen? Fragen über Fragen..

Stephanie Anwort von Stephanie

Hallo liebe Cici,

ich bedanke mich für deine Zeilen an uns und ich werde versuchen dir darauf zu antworten. Leider ist es schon ein wenig her wo du uns geschrieben hast. Hat sich etwas neues bei dir ergeben?
Den richtigen Weg für die eigene Zukunft zu finden ist nicht sehr leicht. Aber auch für dich gibt es diesen Weg, nur war noch nicht das richtige für dich dabei. Du bist fleißig und ordentlich nur leider fehlt es dir am durchhalten. Du bist morgens müde und antriebslos, kannst dich nicht lange konzentrieren. Ich möchte dich bitten mit diesen körperlichen Einschränkungen zu einem Arzt zu gehen. Entweder Frauenarzt oder Hausarzt. Lass dort mal ein Blutbild erstellen. Aber sag unbedingt das du oft müde usw.bist. Es kann tatsächlich ein gesundheitliches Problem sein von einem Mangel, über Schilddrüsenerkrankung oder gestörter Hormonhaushalt. Ich würde es einfach mal abklären lassen. Man stellte ADS fest? Wurde das noch einmal bestätigt jetzt wo du älter bist? Als Kind bekommt man schnell mal etwas angedichtet nur weil man etwas nicht so gut kann wie andere. Aber jeder Mensch hat seine Stärken und Schwächen. Dinge die man schnell begreift oder wo es eben Zeit und Geduld braucht um es zu begreifen. Stemple dich da bitte nicht selbst ab, du bist reifer geworden und selbstständiger. Du hast geschrieben das du dich auf die Pausen gefreut hast um frische Luft zu atmen und die Sonne zu sehen. Wie wäre es mit Landschaftsgärtnerin? Also Berufe wo du draußen bist und mit der Natur zu tun hast. Oder Floristin? Du möchtest Menschen bereichern und ihnen helfen? Da geht es in den Bereich Kinder Erzieherin. Kinder geben Kraft, ihr lächeln steckt an. Der Alltag mit ihnen wird nie langweilig. Du bringst ihnen Dinge für die Zukunft bei. Oder der Bereich der Altenpflege. Ältere Menschen brauchen viel Hilfe im Alltag. Sei es beim essen, anziehen, mit ihnen basteln oder spazieren gehen und vieles mehr. Vielleicht machst du mal einen Termin bei deinem Jobcenter vor Ort, frag mal nach wo etwas gerade gesucht wird. Schlag ein Praktikum vor für einen Bereich der dich interessiert und versuch es einfach mal. Gib nicht so schnell auf und vor allem gib dich nicht so schnell auf. Du hast noch soviel vor dir. Aber bitte hör auf dich in die Gesellschaft hinein pressen zu wollen. Wie ich schon erwähnte, jeder Mensch hat seine Stärken und Schwächen. Jeder Mensch lernt schnell oder langsam. Manche halten ewig etwas durch, für andere ist Abwechslung sehr wichtig. Du bist toll so wie du bist und ich glaube fest daran das du das richtige finden wirst was dich länger glücklich macht. Du hast uns geschrieben und um Rat gefragt, das zeigt mir das du etwas ändern möchtest. Geh diesen Schritt weiter und denk nicht darüber nach was man heutzutage alles braucht in der Gesellschaft. Sondern denk darüber nach wie du glücklich wirst. Viele Menschen die alles haben wie Auto, Haus, Familie, Pool, sind auch nicht immer glücklich. Was nutzt all der Reichtum wenn man wegen der vielen Arbeit das Leben und genießen aus den Augen verliert? Jeder geht seinen eigenen persönlichen Weg und du wirst deinen auch gehen, glaub fest daran!

Wir sind jederzeit für dich da wenn du es möchtest, bitte melde dich einfach.

Alles Liebe für dich und deine Zukunft
Stephanie