Problem von Michael - 29 Jahre

Extrem Tierlieb und hasse manchmal die Menschen

Hallo liebes Kuka Team. Mein Problem ist, das ich ein extrem Tierlieber Mensch bin und aus einem Grund den ich mir nicht erklären kann, hasse ich manchmal die Menschen. Als ich unterwegs war, um den Kopf frei zu kriegen, war ich im Park spazieren. Da sah ich eine Katze, die nicht gerade hübsch war, nur ein Auge, ein Ohr und drei Beine und sie blutete, wie das passierte wusste ich nicht. Die Leute gingen an ihr vorbei und ignorierten sie( das weiß ich, da ich die Katze zum Tierarzt brachte). Ich kam der Katze näher um ihr zu helfen, da sagte ein Mann, ich soll mich von der Katze fernhalten, da sie womöglich krank sei. Ich schrie den Mann woher er das wissen will und ob tiere nicht auch ein Recht auf Leben haben. In mir sammelte sich soviel Wut, das ich kurz davor ihn zu schlagen, aber da ging er wieder und ich nahm die Katze sofort mit und versuchte mit meinem erste Hilfe set, aus dem Auto, die Blutung zu stoppen. Ich rief meinen Tierarzt an und erzählte ihm alles. Ich fuhr los und sie wurde behandelt, am Ende erfuhr ich, das sie total misshandelt wurde und einige Knochenbrüche hatte. Ich wurde total traurig und wurde Wütend. Selbst wenn es im TV ist und nicht echt ist, werde ich traurig um das Tier und Wütend auf die Person. Es ist aber jetzt nicht so, das ich die Menschen total hasse, wenn welche eine schlimme Erkrankung haben, dann empfinde ich Mitleid für sie und die Kinder die ihre Eltern verloren haben trauere ich mit, aber nicht so sehr wie für die Tiere. Meine frage ist, ob mit mir was nicht stimmt und ich mir professionelle Hilfe suchen sollte. Ich hoffe ihr könnt mir helfen.

Lg Micha

Nuala Anwort von Nuala

Lieber Michael!

Ich kann dich beruhigen: Diese Wut ist einfach eine gesunde Reaktion auf die Ungerechtigkeiten, die auf unserer Welt geschehen. Du bist vermutlich sehr empfindsam und nicht so "abgestumpft" wie manch andere Leute. Daher geht dir das Leid - zu Recht - sehr nahe. Du kannst sehr stolz auf dich sein, dass du derart tief fühlst und deinen Schmerz zeigen kannst! Das ist eine große Gabe, denn wir leben in Zeiten, in denen Gefühle viel zu oft weggedrückt, Tiere wie Ware behandelt und Gemeinschaftssinn zu wenig verwirklicht werden. An dem Beispiel mit der verwundeten Katze sieht man auch: Viele haben gelernt, zu verdrängen, Unbequemes auszublenden, um sich nicht mehr damit befassen zu müssen. Das ist zwar ein bequemer Weg, doch keiner, der glücklich macht.
Du setzt dem etwas entgegen, das ist wunderschön! Daher möchte ich mich bei dir bedanken, dass du der Katze deine Aufmerksamkeit geschenkt und sie zum Tierarzt gebracht hast. Wenn ganz viele Menschen so handeln würden wie du, gäbe es viele Grausamkeiten nicht mehr bzw. würde ihnen schneller etwas Positives entgegengebracht werden.

Das Mitfühlen darf allerdings nicht in Verbitterung münden. Hass solltest du nicht kultivieren. Du darfst wütend sein, wenn es in der Situation so kommt. Doch es ist schon noch eine Nummer größer, im Alltag immer wieder auf die Umwelt aggressiv zu reagieren und sich den Hass richtiggehend "heranzuzüchten". Das ist dann nicht mehr zielführend. Aber das ist nichts, was du behandeln lassen solltest, denn du selbst bist der Meister über dich, dein Denken und dein Fühlen - du kannst alles viel mehr steuern, als du vielleicht glaubst. Es kommt also auf eine bestimmte Haltung an. Du kannst dir beispielsweise sagen: "Ich nehme Gewalt gegen Tiere nicht hin. Dafür möchte ich mich auf friedliche Weise einsetzen."

Deine Gefühle stammen sicherlich auch ein Stück weit von Ohnmacht, denn wenn du ein verletztes Tier vorfindest, die Schreckensnachrichten im Fernsehen siehst usw., kannst du nichts (mehr) gegen die Gewalt an sich tun. Das kann lähmen und überfordern, denn du fühlst ja, dass es Unrecht ist, Lebewesen zu quälen, Krieg zu führen, unschuldige Kinder und Tiere zu misshandeln.

Der Knackpunkt ist, dass du trotzdem etwas tun kannst - einerseits für dich ganz konkret, indem du dir z.B. bestimmte Sendungen oder Zeitungsberichte gar nicht mehr anschaust. Oder nur ausgewählte, bei deinen es keine reißerischen Fotos gibt. Damit nimmst du dir also schon einen stressenden Reiz weg. Du kannst es sogar so machen, dass du dir nur noch ausgewogenene und sogar hoffnungsstimmende Nachrichten anschaust bzw. liest, weil diese gibt es natürlich ebenfalls. Nur gehen sie oft unter (und in so Medien wie BILD und anderen Formaten kommen diese eher nicht vor...).

Noch viel wichtiger finde ich es allerdings, etwas zu unternehmen, was zum Wohle aller Menschen, Tiere und Pflanzen ist: Ein guter Mensch zu sein und so zu leben. Das bedeutet nicht, dass du ein "Engel" sein musst, denn alle Menschen sind fehlbar und haben ihre Schwächen. Du kannst nicht alles richtig machen. Aber du kannst nach guten Prinzipien leben, also unter anderem "Ich achte Menschenrechte, Persönlichkeitsrechte", "Ich bin aufmerksam und helfe Anderen im Alltag, wenn es mir auffällt", "Ich strahle Liebe und Gefühle aus, um Andere damit anzustecken." Und das wiederum macht dich dann wieder sehr zufrieden und ausgeglichen! Was Hass nicht schaffen wird.

Meine Idee für dich wäre, dass du noch einen Schritt weiter gehen könntest. Wie wäre es, wenn du dich im Tierschutz engagieren würdest? Es gibt so viele Vereine und Initiativen - manche kümmern sich um misshandelte Tiere, andere sind im Bereich Aufklärung und Vermittlung von Haustieren aktiv, andere gehen mehr in Richtung Naturschutz... Tierheime sind Klassiker, bestimmt wird da auch Hilfe benötigt, zumindest aber Futter - und Geldspenden. Du könntest dich ja mal umschauen, was bei dir in der Gegend besonders gefragt ist.
Der Vorteil an diesem Ehrenamt ist ja auch der, dass du mit Menschen zusammenarbeiten und dich mit diesen über deine Gedanken und Gefühle austauschen kannst, denn diese Leute haben ja vermutlich ähnliche Empfindungen, wenn sie ein verletztes Tier finden. So kannst du Gleichgesinnte finden, die dich verstehen. Die genauso wenig wegschauen und die Gewalt an Tieren etwas entgegensetzen möchten. So entsteht eine positive Form von Macht, die den Schwächsten zum Vorteil wird.

Falls du nicht gleich einem Verein beitreten bzw. dich nicht so stark an eine Sache binden möchtest, gibt es genug andere Möglichkeiten, etwas zu unternehmen. So kannst du aktuell sehr viel für die Bienen tun. Diese haben große Schwierigkeiten, Nektar zu finden, weil Blumen immer rarer werden. Mit einfachen Balkonkästen, Blühstreifen, Wasseroasen (mit kleinen Inseln zum Draufsitzen) kann man auch in der Stadt Bienen helfen, zu überleben. Und das wiederum kommt langfristig auch allen Menschen zugute.

Du kannst dir auch überlegen, dir eine Naturschutz-Zeitschrift zu abonnieren, Greenpeace (oder eine andere Organisation) mit Spenden zu unterstützen, auf Fleisch zu verzichten oder den Konsum einzuschränken usw.... es gibt sooo viel, was du tun kannst, da ist sicherlich etwas Passendes für dich dabei!
Also: Du hast viel in der Hand und kannst dich einbringen, um deine Energien nicht in dauerhafte Wut, sondern in Liebe zu investieren. Und Liebe zahlt sich immer aus! :)

Ich wünsche dir einen schönen Tag,
Nuala