Problem von Anonym - 25 Jahre

Wie kann ich meinem Vater helfen?

Liebes Kuka Team,

Diesmal geht es nicht um mich, sondern um meinem Vater. Er hat für 25 Jahre bei einem Betrieb gearbeitet. Die Firma machte leider dieses Jahr dicht, da sein damaliger Chef aus Privaten sowie Gesundheitlichen Gründen die Firma nicht weiterführen konnte. Dies machte ihn natürlich fertig, auch wenn er es nicht zeigte. Er nahm stark an Gewicht zu, verbrachte die meiste Zeit auf der Couch oder im Bett mit seinem Smartphone in der Hand. Sozial Aktiv ist er ebenfalls nicht. Ansich ein einsamer Mensch der nur mich und meine Mutter hat. Auf uns wirkt er immer recht aggressiv und "brüllt" (naja er redet nur halt sehr laut, er schreit nicht wirklich aber für Leute die das nicht kennen wirkt es wohl anders). Er war sicher in der Zeit auch Depressiv oder hatte wohl eine Depressive Phase, genau kann das wohl nur ein Psychologe diagnostieren.

Familiär ist er ansich ein guter Mensch, der aber schnell gelangweilt von allen und jeden sein kann. Gerade dann wenn meine Schwestern zu Besuch mit den Kleinkindern kommen, gut es sind auch schon 7 Stück. Auf die Kinder ist er mal extrems Lieb und Nett so wie man sich einen Tollen Opa wünscht, so wie eins mein Opa. Doch manchmal ist er zu den kleinen doch recht grob und mürrisch.

Kommen wir nun zu seinem Problem: Er arbeitet nun seit Juni bei einer neuen Firma. Und um ehrlich zu sein gehts ihm einfach nur beschissen. Er ist jeden Tag fertig, er hat keine Freude mehr wenn er aufsteht in der früh, er macht sich nur noch kaputt. Das Problem ist laut seiner Aussage sein neuer Chef der nur noch nörgelt. Heute lies er mich einer Tonaufnahme zuhören. Ich fasse es nicht, mein Vater der mich und meine Schwestern zu Sau machen konnte, bekommt seinen Mund einfach nicht auf. Ich verstehe es nicht wieso er sich das gefallen lässt. Klar wenn es berechtigt ist muss ein Chef auch mal einen strengeren Ton haben, kennt wohl jeder mal wenn man Mist gebaut hat. Aber bitte, es geht ja nach seiner Aussage permanent so in dieser Firma zu. Man sieht es ihm auch an. Seine Frust lässt er dann an mir oder an meine Mutter raus. Aber es macht mich traurig ihn so zu sehen.

Er braucht hilfe aber wie? Er spricht auch ungern darüber und wenn ist er dann gleich dramatisch und beleidigt. Ich will ihn helfen. Ich möchte nicht das er bis zur Rente bei so einer Firma weiterhin arbeitet. Klar es sind noch 5 Jahre, aber diese können auch schön enden und nicht wie jetzt. Wie kann ich ihm helfen? Was kann ich tun um ihn besser zu verstehen? Was können wir als Familie für ihn tun. Ich bin für alles Dankbar was mein Vater für mich und unsere Familie tat. Aber diesmal will ich ihm es zurückgeben können.

JuliaZ Anwort von JuliaZ

Hallo lieber Ratsuchende,

Vielen Dank für deine Zuschrift :)

Es tut mir Leid, das du nun einige Zeit auf deine Antwort warten musstest. Da dein Problem jedoch zeitlich nicht abgeschlossen sein wird und die Situation noch immer vorhanden sein wird, werde Ich dennoch darauf eingehen. Wenn es Dinge gibt, die sich seitdem jedoch drastisch verändert haben, dann kannst du sonst natürlich gerne noch einmal erneut an uns schreiben.

Ich bin in jedem Fall erst einmal davon sehr erfreut, wie Du deinen Vater siehst. Das du ihm etwas besseres wünscht und das Gefühl in dir trägst ihm etwas zurück zu geben für die Tage, wo er für dich da war, ist absolut toll und eine super Einstellung!

Wenn Ich mir deine früheren Zuschriften an uns so ansehe, dann wird für mich schnell deutlich, das du das was dein Vater derzeit noch nicht vollbringen kann bereits selbst durchgesetzt hast. Du hast im Studium dich ausprobiert, wieder etwas anderes gemacht, auf der Suche nach dem, was man wirklich gerne machen möchte. Das ist in unserer Generation sicher auch ein ganz normales vorgehen, was viele betrifft. Kaum jemand macht eine Ausbildung, einen Job oder ein Studium und verbleibt dort die nächsten 40 Berufsjahre, ohne sich in der ganzen Zeit irgendwann nochmal beruflich verändert zu haben. Und das scheint für deinen Vater eben nicht das Mögliche zu sein. In seiner Generation ist es üblich, das man lange ein und derselben Firma angehört und er scheint sich dort ja auch wohl gefühlt zu haben. Nun etwas anderes anzunehmen, was einen nicht gefällt ist sicher echt schwierig und die Option nun nochmal eine neue Firma zu suchen, in der er arbeiten kann - scheint auch nicht in seinen Möglichkeiten zu liegen. Und das ist denke ich auch verständlich. In seinem Alter jetzt sich wieder zurück in die Situation zu begeben die er kennt und die sicher grausam für ihn war ist nicht einfach und auch nicht schön.

Er kennt es, das er Zuhause sitzt und sich nicht wirklich viel wert fühlt. Vielleicht auch Schwierigkeiten hatte diesen neuen Job zu finden und anzunehmen. Sein Selbstwertgefühl, wird doch sicher ganz unten gewesen sein. So hat er sich seine letzten Arbeitsjahre sicher nicht vorgestellt. Aus seiner Erfahrung heraus jetzt zu sagen, das er seinen Job der ihn gar nicht passt, hinwirft und sich was anderes sucht ist schwierig und nicht mal eben gemacht. Das geht mit 25 noch recht gut, wenn man nicht schon selbst Verpflichtung und Familie hat. Aber ist nun in seinem Alter sehr, sehr schwierig. Wer versichert ihm denn, das Er das was er bekommen wird, besser finden wird? Wer versichert ihn, das es nicht wirklich an Ihm liegt, das er sich nicht wohl dort fühlt und sich im nächsten Job dann alles wieder von vorne wiederholt? Wer versichert ihm, das er überhaupt direkt wieder einen neuen Job findet und nicht wieder einige Monate Zuhause sitzt und sich dort dann auch nicht wohl fühlt? Diese Sicherheiten hat er nicht. Und die wird er brauchen um diesen Schritt in einen Neuen Job mit gutem Gewissen gehen zu können.

Sein letzter Jobwechsel, war eben wirklich schwierig für ihn. Diese Zeit Zuhause ohne Erwerbstätigkeit ist für jemanden, der solange Jahre gearbeitet hat, sicher schwer gewesen und macht doch auf längere Zeit auch absolut mürrisch und unglücklich mit der gesamten Situation. Das die Kinder deiner Schwester, deine Mutter und auch Du dann öfter mal die schlechte Stimmung direkt abbekommen habt - ist total verständlich aus seiner Sicht betrachtet! Aber für euch eben sicher absolut nicht schön gewesen und irgendwo natürlich auch nicht in Ordnung. Umso schöner eben die Tatsache, das du Ihm das alles nicht zu arg negativ anrechnest und trotzdem noch das Gute in den Vordergrund hebst. Das ist sicher nicht unbedingt einfach und würden viele anders entscheiden. Negative Erfahrungen wiegen viel und Gute sind eben dann der Ausgleich der nötig ist. Aber eben nicht immer genug. Gut also, das es für dich reicht und deine Wertschätzung ihm gegenüber da ist.

Noch etwas zwischendurch: Eine Tonaufnahme, die im Unwissen von den darauf zu hörenden Personen entstanden ist, ist überhaupt nicht in Ordnung. Auch wenn Sie zu Vorführzwecken vor dir gedacht war und danach gelöscht wird ist das absolut nicht in Ordnung und nicht nur moralisch problematisch. Auch wenn du meinst, das niemand diese Tonaufnahme hören wird, der Sie nicht hören soll - Es ist und bleibt problematisch und absolut nicht in Ordnung. Da gibt es andere Mittel und Wege um deinen Vater zu unterstützen. Mit solchen Sachen wird er sich nämlich sicher nicht besser fühlen, da Ihn das in größte Schwierigkeiten bringen kann. Das nur mal kurz dazu. Du weißt dies sicherlich und wirst es nicht aus böser Absicht getan haben, aber so etwas kommt meist ganz schnell und ungewollt ans Tageslicht und besonders in dienstlichen Gesprächen bringt es große Probleme, wenn so eine Aufnahme im Unwissen der beteiligten entstanden ist, wovon ich hier mal stark ausgehe, Macht sowas also bitte nicht mehr - es schadet nur!

Er braucht denke Ich auf jeden Fall Hilfe. Das siehst du wohl ganz genau so, wie es auch ist. Meiner Meinung nach ist ein Jobwechsel immer dann am besten, wenn man vom alten Job in den neuen übergeht und da möglichst wenig Zeit zwischen verstreicht. Dazu brauch man natürlich während man in einem Job arbeitet schon die Möglichkeit sich bei neuen Jobs zu bewerben, dort ggf. Probe zu arbeiten oder ähnliches und es ist deshalb gar nicht immer so einfach. Trotzdem ist es, wenn es für euch eine Möglichkeit wäre, sicher der beste Schritt, das er sich jetzt schon um neue Jobs umschaut und guckt, ob es etwas für Ihn gibt, was Ihm eher liegen könnte und es dann ausprobiert. Du kannst ihn natürlich auf passende Job Anzeigen schon direkt mit der Nase drauf stoßen lassen, falls er sich hier schwer tut.

Letztendlich den Schritt sich zu bewerben und sich um eine andere Arbeitsstelle zu bemühen, wird schwer fallen und bleibt an Ihm hängen. Denn die letztliche Entscheidung muss er treffen. Ihr könntet ihm nur etwas von der Verantwortung nehmen, das es klappen muss, mit dem neuen Job. Wenn er für sich entscheiden wird, das er die nächsten 5 Jahre so durchziehen möchte bis zum Ende der Berufszeit, dann wirst du da wenig dran ändern können. Immerhin bist du nicht Er und er scheint seine Gründe diesen Schritt nicht zu wagen, zumindest derzeit, über den Gründen für eine neue Berufliche Orientierung zu stellen. Ich denke, das er einfach Angst haben wird, diesen Schritt zu wagen, da es beim letzten Jobwechsel eben so schlecht für Ihn gelaufen ist. Toll, das du ihm helfen magst - aber letztlich geht eben Er die Schritte. So wie bei dir früher als Kind. Er hat dir beim Aufstehen geholfen, aber weitergehen musstest auch du selbst. Natürlich in seiner Begleitung. Und ähnliches könnt Ihr als Familie auch nun leisten, wenn Ihr das möchtet. Das ist dann alles, ob er sich traut dann wirklich woanders hin zu gehen und einen neuen Job anzunehmen - da habt ihr keinen Einfluss drauf. Er selbst muss sich soviel Wert sein, um es zu wagen.

Du schaffst den Rahmen und die Möglichkeiten, für den Jobwechsel. Du gibst vielleicht auch konkrete Ideen und findest die Vorteile. Vielleicht holst du deine Schwestern mit ins Boot, die vielleicht noch weitere Ideen haben.

Ich wünsche Dir Alles Liebe und Gute,
Du kannst dich natürlich jederzeit wieder erneut an uns wenden und berichten wie es für dich weitergeht.

Julia