Problem von Maja - 39 Jahre

Extreme Schüchternheit meine Freundes, wie damit umgehen ?

Liebes Ku-Ka-Team;

Mein Freund (45) und ich sind seit 2 Monaten zusammen.
Von Beginn an, hat er mir gesagt, dass er sehr schüchtern ist; ich bin ein sehr weltoffener Mensch und von daher hat mich das zu Beginn nicht gestört bzw. Ich konnte es auch nicht einordnen.

Jetzt kommen mir so langsam die Zweifel, ob es richtig war, sich mit Ihm einzulassen.

Ich würde gerne mit Ihm diese typischen Päarchendinge tun, wie zusammen Eis essen gehen, ins Kino, eine Runde schwimmen am See, zusammen Rad fahren, auf ein Fest gehen usw. (Was halt in Corona Zeiten möglich ist). Ich spreche es an, aber er blockt total ab und trifft sich mit mir immer nur am selben Ort.
Dasselbe gilt, ich will ihn auf eine Familienfeier mitnehmen (in 3 Monaten) und auch hier blockt er total ab.

Was kann ich tun, bzw. Wo kann ich mir auch Rat/Hilfe holen um mit seiner Schüchternheit besser umgehen zu können, da ich Ihn ungern aufgeben wollen würde. Könnte auch eine Therapie für ihn helfen ?

LG Maja

Lan Anwort von Lan

Liebe Maja,

danke, dass du uns geschrieben hast.

Ich kann verstehen, dass dich das sehr stört, bist du jemand, der augenscheinlich nicht schüchtern bist und gerne mit ihm draußen etwas unternehmen willst. Das kann schon frustrierend sein.

Dein Freund hat augenscheinlich mit extremer Schüchternheit, vielleicht auch mit sozialer Phobie zu kämpfen? Hast du mit ihm mal über seine soziale Angst geredet?

Miteinander reden

Das erste, was ich machen würde, ist immer wieder mit ihm darüber zu reden. Auch wenn er das ungern will. Es ist wichtig, dass ihr auch über so etwas redet, es betrifft euch beide und es bringt euch auch näher, wenn du lernst zu verstehen, was ihn bewegt und wovor er sich fürchtet. Sage ihm, dass du eben das alles gern tun und ihn verstehen willst. Du willst ihm helfen, dass er besser mit der Schüchternheit klar kommt. Sprich bitte nur aus deiner Perspektive, nur von dir, ohne ihn unter Druck zu setzen oder Vorwürfe zu machen.

Sprich auch mit ihm darüber, ob ihn seine Schüchternheit selbst belastet oder nicht. Wie sieht er das denn? Kommt er gut damit zurecht und will, dass es so bleibt? Oder leidet er darunter und würde gern daran arbeiten? Je nachdem, könntest du ihn ermutigen, mehr aus seiner Komfortzone zu kommen und an seiner Angst zu arbeiten.
Frage ihn auch, wie du ihm Sicherheit geben kannst. Kannst du etwas tun, damit er mehr Vertrauen in sich selbst hat?

Versuche zu verstehen, was hinter seinem Verhalten steckt, wie stark seine Hemmungen sind und was vielleicht gerade so noch im Rahmen ist. Du kannst ihm auch anbieten, ihm zu helfen, seine Hemmungen schrittweise abzubauen. Aber da sollte er nicht überfordert werden, sonst könnte das nach hinten losgehen.

Sprich mit ihm darüber, dass du dich freuen würdest, wenn ihr mehr Pärchendinge zusammen machen würdet. Und frage ihn auch, warum ihm das so schwer fällt. Da ist viel Fingerspitzengefühl gefragt.

Auch wenn es so sich anfühlt, als wäre da ein Konflikt, den ihr nicht lösen könnt. Er lässt sich vielleicht jetzt nicht lösen, aber vielleicht findet ihr nach und nach Kompromisse, mit denen ihr beide leben könnt. Das ist auch die Kunst in Beziehungen, dass man Rücksicht auf den anderen nimmt, aber auch die eigenen Bedürfnisse nicht hintenan stellt.

Wichtig ist, dass ihr miteinander redet. Nur wenn ihr das tut, könnt ihr euch nahe bleiben oder auch näher kommen und den anderen besser verstehen. Das hilft euch auch, besser damit zurechtzukommen. Auch wenn sich nicht alle Konflikte mit Reden aus der Welt schaffen lassen. Es ist wichtig, dass ihr in Verbindung bleibt und versteht, warum ihr etwas tut oder auch nicht.


Schüchternheit akzeptieren

Was dein Freund vor allem jetzt braucht, ist, dass du ihn so akzeptierst, wie du bist. Denke nochmal drüber nach, warum du mit ihm zusammen bist und was du an ihm schätzt. Fokussiere dich nicht zu sehr auf das, was nicht gut läuft oder was dir fehlt. Sondern schau mal mehr auf das Positive an der Beziehung: Was magst du an deinem Freund? Wieso bist du mit ihm zusammen gekommen? Was magst du an eurer Beziehung? Wann habt ihr Spaß miteinander? Warum bist du gerne mit ihm zusammen?

Versuche dich mal in seine Lage zu versetzen, auch wenn es schwer ist: Aus welchen Gründen auch immer, hat er große Hemmungen, wahrscheinlich mit Ängsten zu kämpfen, fühlt sich nicht wohl, wenn er woanders ist, womöglich weil er auf andere Menschen trifft. Darum blockt er vermutlich ab und will lieber nur mit dir allein an einem Ort bleiben, den er kennt. Alles andere, was außerhalb seiner Komfortzone liegt, macht ihm vielleicht Angst, belastet ihn.

Als seine Freundin ist es wichtig, dass du nicht versuchst, ihn zu verändern. Ich weiß, leichter gesagt als getan. Wir kennen das alle, dass wir unseren Partner anfangs gerne so formen wollen, wie wir ihn gern hätten. Aber das ist ja nicht Sinn einer Beziehung. Du bist ja mit ihm zusammen, gerade weil du ihn so lieben gelernt hast, wie er ist, oder nicht?


Gemeinsam an Schüchternheit arbeiten

Akzeptanz ist der erste Schritt zu Besserung. Erst wenn man etwas akzeptiert, kann man auch daran arbeiten.
Schau mal, ob ihr schrittweise neue Situationen probieren könnt, erstmal ganz harmlose Sachen, wo er vielleicht nicht so einen starken Widerstand spürt. Zu viel auf einmal sollte es nicht sein.

Vielleicht sprichst du mal mit ihm und fragst ihn auch, was er von einer Therapie hält. Das muss aber er wollen, da kannst du dann nicht viel tun, wenn er das nicht will. Aber findet erstmal heraus, wie große seine Hemmungen sind. Eine Selbsthilfegruppe könnte vielleicht auch schon mal gut sein, um andere zu treffen, die ähnliches durchmachen.

Wichtig ist, dass du ihn nicht unter Druck setzt, Verständnis zeigst, und dass du ihm helfen willst. Und dass du ihn eben so akzeptierst und liebst, wie er ist. Das gibt ihm auch schon viel Halt und Kraft. Sei geduldig mit ihm, stärke ihn, unterstütze hn und mache kein Stress.


Hilfe von außen holen

Du bist zwar seine Freundin, aber bist deswegen nicht für alles verantwortlich, was ihn betrifft. Du kannst ihm gern zureden und zur Seite stehen, aber er entscheidet, ob er sich Hilfe sucht oder nicht.

Du selbst kannst aber eben auch viel tun. Du könntest dich auch mit Angehörigen von schüchternen Menschen austauschen, da gibt es vielleicht auch eine Selbsthilfegruppe in deiner Nähe. Du könntest den Kontakt zu Betroffenen suchen und fragen, was sie raten würden. Oder du schaust mal im Internet, da gibt es sicherlich auch Gruppen und Foren.
Wichtig ist, dich auch selbst zu informieren, über eben besondere Schüchternheit. Das hilft dir, deinen Freund besser zu verstehen und bringt euch auch näher.


Finde heraus, was du willst

Gehe nochmal in dich und setze dich mit deinen eigenen Bedürfnissen auseinander: Was für eine Beziehung willst du führen? Was wünscht du dir? Und vor allem: Was für einen Partner wünscht du dir? Welche Eigenschaften sollte er unbedingt haben, welche nicht? Was wäre dir wichtig an deinem Partner? Du kannst das ja mal gern abgleichen mit dem, was gerade ist.

Du musst dann auch für dich sehen, wie wichtig dir diese Pärchensachen sind oder ob du dich auch arrangieren und Kompromisse schließen kannst. Du sollst da auch auf deine innere Stimme hören und schauen, wo deine Bedürfnisse und Grenzen sind. Was nicht sein sollte, ist, sich für jemand anderen zu verbiegen. Wichtig ist, dass ihr selbst sein könnt und glücklich seid.

Wenn du merkst, dass du damit auf Dauer nicht glücklich bist und sich eure Beziehung auch nicht weiter entwickelt, würde ich nochmal mit ihm reden und vielleicht auch einen Paartherapeuten aufsuchen, wenn du an der Beziehung arbeiten und festhalten willst.

Dann musst du für dich entscheiden, wie wichtig dir die Beziehung und dein Freund dir sind. Oder ob dir eben deine Wünsche und Bedürfnisse wichtiger sind, die er im Moment so nicht erfüllen kann.

Ich wünsche dir und deinem Freund, eurer Beziehung, alles Gute, viel Glück und hoffe, dass ihr beide doch zusammen glücklich werden könnt.

Viele Grüße,
Lan