Sinnkrise betreffend Beziehung
Guten Tag,
Ich melde mich, weil ich sonst nicht viele Leute habe mit denen ich darüber sprechen könnte oder möchte.
Also: seit jetzt 4 Jahren habe ich eine Freundin die einige Probleme im ihrem Leben hat: chronische Schmerzen, Depressionen, Transidentität, sehr bestimmende Eltern, Arbeitslosigkeit, teilweise aber auch Bequemlichkeit und wenig Realitätssinn, sie ist eine Träumerin, etwas das ich einer seits am ihr liebe, es ist schön zusammen Luftschlösser zu bauen, macht aber auch traurig und wütend inzwischen weil ich immer mehr das Gefühl kriege, es wird beim Traum bleiben.
Neulich hatte ich deswegen sogar eine richtige Sinnkrise.
1. wegen all der Zeit wo sich kaum etwas an unserer Ausgangslage (Fernbeziehung,
Schmerzen die sie nicht behandelt weil sie meint sie war vor 15 Jahren schon beim Arzt, die können nicht helfen, auch Schmerzambulanz meint sie immer Mal "ja kann ich gehen" hat sie aber auch nie gemacht, arbeitssuchend, zeitweise depressiv aber großteils austherapiert und gut eingestellt... geändert hat.
2. Weil sie hat zwar viele Pläne, aber keiner davon ist durchführbar, bzw bleibt es beim reden und wenn sie was anfängt bringt sie es nicht zu Ende bzw. findet sie sicher einen Grund warum es nicht mehr passt.
3.Fliege ich diesen Sommer auch mit meiner Mutter und meinem Sohn ( er stammt aus einer Vorbeziehung) in den Urlaub nach Mallorca, was ja etwas schönes ist, aber mich auch deprimiert, weil ich mit meiner Freundin gar keinen Urlaub planen kann, selbst wenn ich will, weil man ja wenn man beim Arbeitsamt gemeldet ist, nicht verreisen darf und wenn ich weiterdenke, kommt mit Punkt 4 auch unweigerlich die Erkenntnis, daß ich wenn mein Kind mit der Grundschule fertig ist, gerne mit meiner Freundin zusammen ziehen würde und sich aber, auch wenn die vier Jahre sehr schön und harmonisch waren, nicht viel verändert hat an ihrer beruflichen Situation in der Zeit.
Wir werden also jede in unseren Städten bleiben müssen.
Ich war und bin sehr traurig, einfach weil ich Angst habe, dass sich in den zweieinhalb Jahren die wir noch haben bevor mein Kind mit der nächsten Schulstufe anfängt, auch nicht viel verändern wird, einfach weil sie psychisch ( wie ich ja leider auch) nicht ganz fit ist und schon älter ist (49 Jahre), die Firmen sind da ja, zumindest bei uns in Österreich sehr zurückhaltend und oft auch diskriminierend und unfassbar unfair was ältere Menschen und/oder besonders Menschen aus der LGBTQ+ - Gruppe betrifft.
Leider trifft bei ihr ja beides zu.
Ich muss zwar nicht unbedingt noch Kinder haben, eines reicht, aber meine Partnerin heiraten, mit ihr zusammen leben, gemeinsam zwei Hunde haben, reisen und unser gemeinsames Leben einfach als echtes Paar genießen möchte ich schon.
Ich weiß ich bin erst 37, und es kann alles noch kommen, trotzdem habe ich irgendwie das Gefühl gerade, alles in meinem Leben geht ständig schief und wird nie so sein, wie ich es gerne hätte und mir läuft die Zeit davon. Es ist alles so Perspektivlos und das führt langsam echt dazu, das ich mich trennen möchte.
Andererseits haben wir aber auch echt schöne Zeiten, sie ist so liebevoll und ein toller Mensch, ihre Eltern mögen mich und wir haben echt viel gemeinsam, auch sexuell ist es besser als alles was ich bisher erlebt habe. ( die Anpassung hat schon stattgefunden bevor ich sie kennen gelernt habe)
Und da ist auch die Angst niewieder jemand zu finden ,mit dem/ der es zwischenmenschlich so gut passt.
Es würde sie auch sehr verletzen und vielleicht alles noch verschlechtern in ihrem Leben wenn ich gehe was ich auch nicht möchte dass ich sie nach wie vor sehr liebe und schätze.
Abundzu denke ich darüber nach mir ein Ultimatum zu setzen, das ich gehe wenn bis dahin sich nichts ändert, aber ich weiß nicht ob ich das kann oder ob das der richtige Weg ist.
Ich weiß nur, das ich mich momentan um mein Leben betrogen fühle und mir die Zukunft sinnlos vorkommt was die Partnerschaft betrifft.
Anwort von Lan
Liebe Malu,
ich danke dir, dass du uns geschrieben hast und uns dein Vertrauen schenkst.
Ich lese heraus, dass du momentan in einem Dilemma stehst, was deine eigene Beziehung betrifft. Es gibt viele Unstimmigkeiten, Differenzen und Probleme, die eure Beziehung belasten. Ich höre heraus, dass du gerade sehr unglücklich bist, wie es momentan bist. Und vor allem auch wenig Hoffnung hast, dass sich das ändern wird. Du denkst, dass eure Beziehung keine Zukunftsperspektive hat. Das lässt dich daran zweifeln, ob du in der Beziehung bleiben willst oder nicht.
Du scheinst unzufrieden damit zu sein, dass deine Freundin ihr Leben nicht selbst in die Hand nimmt, proaktiv versucht, ihr Leben zu verbessern. Und dass ihr noch immer in einer Fernbeziehung seid und sich das wohl künftig nicht ändern wird. Du scheinst nicht glücklich darüber zu sein, dass deine Freundin viel verspricht und viel plant, aber im Endeffekt nicht Wort hält. Du würdest gern mit ihr in den Urlaub fahren, aber das geht aufgrund ihrer Arbeitslosigkeit nicht, was wiederum eine Baustelle in ihrem Leben ist. Kurz gesagt: Es macht dich unzufrieden, dass deine Freundin ihre eigenen Probleme nicht bewältigen kann, die sich auf eure Beziehung auswirken.
Reflexion und Gespräch über Beziehung
Ich lege dir ans Herz: Gehe in dich und reflektiere, was dich in der Beziehung hält und was nicht. Liebst du deine Partnerin noch? Und so sehr, dass du an der Beziehung arbeiten willst?
Reflektiere auch darüber nach, welchen Anteil du selbst an der Beziehungskrise hast. Es schleifen sich in den meisten Beziehungen mit der Zeit bestimmte Muster ein, die sich negativ auf die Beziehung auswirken.
Es kann sehr frustrierend sein, wenn du unzufrieden bist, weil es viele Baustellen gibt, aber deine Freundin sich nicht ändert oder etwas an ihrem eigenen Leben ändert.
Ich würde dir außerdem raten, das offene und ehrliche Gespräch mit ihr zu suchen: Teile ihr mit, was dich belastet und wie du dich fühlst und dass du dir wünscht, dass sich einige Dinge ändern. Denn du bist unzufrieden und weißt nicht, wie lange du das alles mitmachen kannst und willst.
Vielleicht findet ihr einen Weg, der Beziehung wieder eine Zukunft zu geben. Die Frage ist dabei nur: Werden die Pläne, die ihr schmiedet aufgehen? Aus Erfahrung weißt du, dass deine Freundin scheinbar nicht gut darin ist, sich an Pläne zu halten. Das heißt nicht, dass es auch wieder so sein muss. Da müsstest du ihr einfach vertrauen und schauen, ob es klappt oder nicht.
Aber wichtig wäre, dass du dir vielleicht wirklich eine Art Deadline setzt, bis hier hin und nicht weiter. Du wirst ja sehen, ob sie sich langfristig ändern will oder nicht.
Beziehungspause kann helfen
Vielleicht könnte dir nun bei der Entscheidung zur Frage "Gehen oder bleiben?" auch eine Beziehungspause helfen. Das ist insofern auch machbarer, da ihr beide ohnehin in einer Fernbeziehung seid. Vielleicht brauchst du nicht nur eine räumliche, sondern auch emotionale Trennung, um dir darüber klar zu werden, was du an dieser Beziehung hast, wie deine Gefühle um deine Partnerin stehen und was dir fehlt und was du brauchst. Solche Beziehungspausen können helfen, sich bewusst zu werden, was wirklich wichtig ist und was dir in einer Beziehung wichtig ist. Was brauchst du, damit es dir in einer Beziehung gut geht? Was macht dich glücklich? Wie sollte für dich eine ideale Beziehung sein? Welche Bedürfnisse wurden vielleicht die ganze Zeit über vernachlässigt?
Vielleicht würde es dir auch weiterhelfen, eine Lebensberatung oder einen Paartherapeuten aufzusuchen. Bei beiden Anlaufstellen wird dir zugehört und du wirst gut beraten und unterstützt.
Vielleicht zeigt sich deine Freundin einsichtig und versucht, etwas zu ändern.
Als Partnerin kannst du ihr deine Hilfe anbieten. Aber: Übernimm dich dabei bitte nicht, sondern dabei auch für dich und deine eigenen Grenzen. Es ist niemandem geholfen, wenn du dich ihrer Probleme zu sehr annimmst und dich dabei selbst vergisst.
Trennung sollte gut durchdacht sein
Sollte sie es nicht tun, musst du für dich entscheiden, ob du länger unzufrieden in der Beziehung verharren willst oder nicht.
Wir können andere Menschen nicht ändern, aber wir können uns ändern und wie wir mit Problemen umgehen.
Eine Trennung sollte gut durchdacht sein. Überstürze deine Entscheidung nicht. Überlege dir in Ruhe, ob es wirklich das ist, was du willst.
Zusammen bleiben aus den falschen Gründen
Könntest du dir ein Leben ohne sie vorstellen? Und wenn nicht: Warum nicht? Aus welchen Gründen bist du wirklich mit ihr zusammen?
Du schreibst, dass du Sorge hast, dass du nie wieder jemanden finden wirst, mit dem es beziehungsmäßig so gut passen wird. Ist das wirklich eine begründete Sorge? Ich denke mir, dass es keine gute Voraussetzung wäre, aus Angst, weil man sonst niemanden dann hat, mit jemandem zusammen zu bleiben. Es sollte andere Gründe geben, warum du dich für sie entscheidest.
Und auch die Angst, sie zu verletzen, sollte nicht ausschlaggebend für deine Entscheidung für die Beziehung sein.
Trennungen sind immer mit Verletzungen verbunden. Aber schau mal: Wenn du weiter in einer Beziehung bleibst, die dich unglücklich macht, wirst du dir selbst am Ende am meisten schaden.
Löse dich von dem Gedanken, dass du für das Glück deiner Partnerin verantwortlich bist. Das bist du nicht. Sie ist für sich und ihr Leben verantwortlich. Sie ist erwachsen, sie kann selbst dafür sorgen, glücklich zu sein.
Überlege dir auch, was du mit einer Trennung verlierst, unter anderem diese starke Vertrautheit mit deiner Partnerin. Bist du bereit, das loszulassen? Und neu anzufangen? Und in einer neuen Beziehung alles wieder neu aufzubauen?
Meine Trennungserfahrung
Ich kann nur aus Erfahrung sprechen: Mir ging es ungefähr ähnlich wie dir. Ich war auch nicht glücklich in meiner letzten Beziehung. Wollte mich aber nicht trennen, eben aus Angst, dass ich niemanden finde werde, mit dem es so gut werden wird. Und weil ich Angst hatte, meinen Partner zu verletzen. Doch das liegt nicht in meiner Hand. Ich habe dabei übersehen, wie unglücklich ich mich selbst mache, wenn ich an dieser Beziehung festhalte. Und bin dann doch schweren Herzens gegangen. Und weißt du was? Es war die beste Entscheidung. Ich habe wieder jemanden gefunden, mit dem es toll passt, obwohl ich mir das nicht vorstellen konnte. Aber man kann sich vieles nicht vorstellen.
Das ist zwar nur eine persönliche Erfahrung, aber ich weiß, dass es vielen so geht.
Es wäre natürlich ein krasser Lebenswandel, raus aus der Komfortzone. Aber wenn du diesen Schritt aus Angst nicht wagst, kannst du nicht gewinnen und dich auch nicht weiterentwickeln und positive Erfahrungen sammeln. Deswegen mein Rat: Wenn du vorwiegend aus Angst vor Veränderungen und Einsamkeit mit ihr zusammen bleibst, solltest du deine Gründe noch einmal überdenken.
Was steckt wirklich hinter deinem Zögern? Angst vor dem Alleinsein? Angst vor der Veränderung? Angst, deine Sicherheit zu verlieren?
Finde deine innere Stärke und den Mut in dir. Du bist eine liebenswerte und tolle Person. Ganz sicher wirst du wieder jemanden finden, mit dem es gut passt und mit dem du glücklich werden kannst.
Woher sollen wir wissen, ob es so ist oder nicht, wenn wir es nicht mal wagen? Es gehört viel Mut und Selbstvertrauen dazu, aber es lohnt sich.
Und wenn du gerade so unzufrieden mit der Beziehung bist, was kannst du da noch verlieren? Manchmal ist man tatsächlich auch glücklicher alleine als in einer Beziehung, die einem nicht gut tut.
Du müsstest für dich abwägen, was dich jetzt mehr tangiert: Die Unzufriedenheit mit der Beziehung, die ein wichtiger Katalysator für Veränderung ist. Oder das, was dir die Beziehung gibt. Was überwiegt jetzt mehr?
Höre ruhig auch auf dein Bauchgefühl.
Das war bei mir auch so. Irgendwann habe ich es einfach gefühlt, dass es Zeit ist, einen neuen Lebensweg zu gehen und sich zu trennen.
Ich gebe dir noch folgende Artikel an die Hand, aus denen du weitere Anregungen ziehen kannst:
https://chrisbloom.de/blog/gehen-oder-bleiben/#:~:text=Der%20Entscheidungsprozess%2C%20ob%20du%20in,später%20zu%20einem%20Entschluss%20kommst.
https://www.trennung.de/trennung-test-soll-ich-gehen-oder-bleiben.html
https://www.trennung.de/bleiben-oder-trennen.html
https://www.eric-hegmann.de/blog/online-kurs/gehen-oder-bleiben-signale-beziehung-am-ende-ist/
Beziehungskrise auch als Neuanfang
Eine Beziehungskrise muss nicht das Ende bedeuten. Sie kann auch eine große Chance darstellen, um gestärkt daraus wieder hervorzugehen. Doch wie eine Krise endet, das ist abhängig davon, wie man damit umgeht.
Ihr könntet euch paartherapeutische Hilfe suchen und dann mit professioneller Begleitung an euren Problemen arbeiten, um die Beziehung zu retten.
Damit will ich dir die Entscheidung für oder gegen die Beziehung nicht nehmen, aber ein paar Perspektiven eröffnen und Impulse geben, die dir hoffentlich weiterhelfen werden.
Ich wünsche dir ganz viel Kraft, Mut und alles Gute.
Viele Grüße,
Lan