Problem von Anonym - 24 Jahre 31.05.09

Sprachproblem

Ich habe das Problem das ich stottere seitdem ich denken kann... es gibt Phasen in denen ich damit klarkomme und wo man mir nichts anmerkt, dann hab ich wieder Tage, in denen ich verzweifle und das frustriert auf Dauer!
Ich denke, nur ein Mensch, der auch das Problem hat, kann nachvollziehen, was ich durchmache und was ich nun hier niederschreibe... Manchmal wünsche ich mir, ich hätte nur einen Arm oder was auch immer... Natürlich ist das viel Schlimmer und diese Menschen haben mein Mitleid auf ihrer Seite! Aber ist die Kommunikation zwischen uns Menschen nicht das wichtigsten im Leben?

Ich frage DICH - unzwar DICH der das gerade liest... Ist es nicht die Kommunikation untereinander, die uns zu Menschen macht? Wo kämst DU hin, wo wärst DU, wenn du nicht einmal Deinen Gesprächspartner mitteilen könntest, was Dich bedrückt oder ihm von ganz normalen Erlebnissen im Leben erzählen kannst? Wie würdest DU Dich fühlen, wenn DU eine Sprache sprichst, die andere als "nervend" oder "witzig" empfinden? Wie würdest DU reagieren? Wie würdest DU Dir vorkommen, wenn in einer Firma Kunden reinkommen, sie Dich ansprechen, und in Gelächter verfallen, weil DU anders sprichst als sie...? Wie würdest DU Dich fühlen, wenn Deine Freundin ein Eis möchte und Du es nichteinmal bestellen möchtest bzw Dich so verstellen musst, als hättest DU vergessen was ihr Lieblingseis ist..? Wie würdest DU Dich fühlen, wenn Du in einer Gruppe von Personen sitzt, jeder erzählt was aus dem Leben, und DU musst so tun, als hättest DU nicht viel erlebt, nur um den Konflikt mit dem Problem zu meiden?
Es ist unfair wenn einen die Hände gebunden sind, Sachen zu tun, die man gerne machen möchte... Wenn einen die liebsten Menschen begegnen, die nach der Zeit zu den gemeinsten Bestien werden, da man ja so schwach und still ist, deren Zuneigung man sich gewünscht hätte und für die man gekämpft hätte...
Die meisten Personen verstehen einen nicht und möchten einen Mut zusprechen, andere wirken schockiert und denken sich ihren Teil ABER was in mir vor geht, Tag für Tag, Minute für Minute, Sekunde für Sekunde, wünsche ich nicht meinen schlimmsten Feind... Ich denke die Hölle ist ein Spaziergang dagegen...
Die Schulzeit war extrem schwer für mich, da es kaum Schüler gab, die das Problem verstehen wollten und viele haben sich dran hochgezogen und sich einen Spass draus gemacht... Diese Wunden heilen nie! Niemals! Ich habe die Hilfe einer Logopädin hinzugezogen, die mir auch ansatzweise helfen konnte, "ergreifend" fand ich, dass sie bei meiner Schilderung des Problems den Tränen nahe war, da sie das Ganze einfach "schade" fand... Ich habe durch ihre Hilfe meine Schule zu Ende bekommen und einen hohen Schulabschluss erreicht... und hatte eine Zeit lang das Gefühl, es wäre alles garnicht so schlimm...
Aber wie immer im Leben eines Stotterter´s gibt es Momente - Personen - die einen weit zurück werfen und die habe ich wie so oft getroffen... Ich habe allen Mut zusammengefasst und habe mich für eine Lehre beworben (nicht nur eine!) - hatte sogar ein Bewerbungsgespräch, indem ich auch "kaum" Probleme hatte., doch ich konnte die Herrschaften trotzdem nicht von meinen Vorteilen überzeugen...
Jetzt arbeite ich in einer Firma und verdiene ganz gut aber wirklich weiterbringen wird mich das nicht...

Tja und die Liebe? Es gibt Personen, die das Problem bestimmt verstehen aber kaum eine Frau (die ich getroffen habe) ist gewillt das Problem zu verstehen bzw ist gewillt "es mit mir auszuhalten"...
Und meine "Ex" hat mir dann den Rest gegeben... Als sie nach einer für mich traumhaften Zeit erkannte, das ich einfach nicht der Typ mit einer starken Schulter bin, hat sie mich gegen die Wand laufen lassen und mir - nicht dass das schlimm genug wäre - ausführlich erzählt wo denn mein Problem liegt und das ich eh "nicht fähig wäre, einen Menschen zu lieben" da ich ja so charakterschwach wäre... "es läge aber nicht an meinen Sprachproblem"... An was denn?
Dadurch bin ich erst zu dem geworden, der ich bin... Einer der liebsten Menschen, die hier auf diesen verdammten Planeten rumlaufen! Aber sie wollte es nicht glauben bzw anerkennen und glaubte auch nicht daran, das ich gerade durch sie ein stärkeres Ego bekommen hätte (wo ich von überzeugt bin...) Sie war auch nicht gewillt dazu, dass ich durch sie ein stärkeres Ego bekomme, ich müsste mir das doch selber aneignen... Sie hätte auch diese Phase gehabt... HaHa!
Ich denke, nur durch solch positive Erlebnisse bekommt man wieder Selbstvertrauen und dann klappt das auch wieder mit dem flüssig Sprechen...

Momentan bin ich da angekommen, wo ich nie sein wollte... Ich drehe mich im Kreis und habe fast alle Freunde verloren (nicht durch´s Stottern!)
Ich kenne wenige, die mein Problem verstehen, bzw denen ich sagen möchte, wo mein Problem liegt und das zerfrisst mich so langsam innerlich...
Ich habe jeden Mut verloren, jemals nochmal eine Frau anzusprechen, obwohl ich nicht gerade unatraktiv aussehe und mich so manche anblinzeln, möchte ich es erst garnicht drauf ankommen lassen, denn ich bin davon überzeugt, das die meisten falsch reagieren werden... Alleine schon der Gedanke an einer Türe zu klingeln und dann über die "tollen" Fernsprechanlagen nach der Geliebten zu fragen, lässt meine Phantasie erblühen und eröffnet so manchen Horrorvisionen die "Türe"...
So mancher mag denken, dass das nicht so schlimm ist und man sollte es doch versuchen... Ich denke , dass ich das auch hinbekomme und das es Eltern gibt, die das Problem verstehen...
(eine Mutter meiner Ex-Freundin ist in schallendes Gelächter ausgebrochen, als sie mich am Telefon hörte, das ist hart!)
Ich möchte einfach nicht mehr der sein, der "zu bemitleiden ist" bzw der zu sein, den man verständnisvoll entgegenkommen sollte...
Ja,ich weiss, ich muss mein Problem akzeptieren, kann es aber nicht, ich habe jeglichen Willen dazu verloren... Es gibt auch jetzt noch Ort , an denen ich in ohne Probleme kommunizieren kann... Da denk ich mir "was hast du eigentlich für ein Problem?" Aber das ist nicht mein Problem, ich habe das Problem eher mit wichtigen Sachen wie: Schule, Beruf, Freundin usw...
Meine Eltern wissen um mein Problem, können sich aber nicht vorstellen, wie intensiv es in meinen Werdegang eingreift... Dabei würde ich gerne soviel machen! Wenn ich davon weg wäre, würde ich Morgen meinen Beruf hinschmeissen und eine Lehre anfangen und spätestens am Wochenende hätte ich eine Freundin...

Ich weiss nicht, ob mich einer versteht oder mir etwas hilfreiches dazu schreiben kann aber ich danke Euch im Vorraus für Euer Verständnis!