Problem von Lucy - 22 Jahre

Hotel Mama

Hallo Kummerkasten Team,

mein Problem ist die extrem enge Bindung zwischen meinem Freund (26) und seiner Mutter.
Wir sind mittlerweile fast 4 Jahre zusammen. Seit 2 Jahren habe ich eine eigene Wohnung und im April will er zu mir ziehen. Wir sind sehr glücklich miteinander und passen gut zusammen. Ich hatte eine sehr schwere Zeit und er hat zu mir gehalten und mich unterstützt wo er nur konnte. Wenn wir Probleme haben, dann reden wir darüber und bemühen uns immer um eine sachliche Klärung. Leider klappt das bei dem aktuellen Problem nicht, weil er meine Argumentation nicht verstehen kann ? und ich seine nicht.
Mein Freund wohnt zwar offiziell immer noch zu Hause aber er schläft seit fast zwei Jahren jeden Tag bei mir. Wir bekommen das ganz gut hin, weil wir uns die Hausarbeit aufteilen. Jeder hat seinen Bereich und es klappt ganz gut. Er gibt mir sogar einen kleinen Anteil zur Miete dazu und wir teilen uns die Kosten für die Einkäufe. Soweit so gut.
Allerdings hat er mich ziemlich lange warten lassen, bis er sich dazu entschieden hat endgültig zu mir zu ziehen. Auf meine Fragen hin hat er mir gesagt, dass er einfach noch nicht so weit sei. Außerdem hat er immer bemerkt, dass wir ja praktisch schon zusammen wohnen und sich ja dadurch gar nichts ändern würde. Das war zwar so nicht falsch, aber das war auch genau der Grund dafür, warum ich ihn nicht verstehen konnte. Ich dachte immer, wenn sich doch sowieso nichts ändert, dann kann er es doch endlich machen.
Mir war natürlich klar, dass er das ganz für sich entscheiden musste. Also hielt ich mich bedeckt, auch wenn es mir nicht leicht fiel. Im letzten August erklärte er mir dann, dass er im April zu mir ziehen würde, weil er dann eine tariflichbedingte Gehaltserklärung bekommen würde und es ihm wichtig wäre, dass wir uns die Miete gerecht teilen und ich nicht einen größeren Anteil zahlen würde als er. Das konnte ich absolut nachvollziehen.
Ich freue mich schon wahnsinnig wenn er endlich offiziell bei mir wohnt und das sage ich ihm auch ab und an. Ich zähle auch schon die Monate bis April. Das ist zwar sehr albern, aber ich warte ja auch schon zwei Jahre. Er spielte das Ganze immer runter und sagte dann, dass es wahrscheinlich auch erst Mai werden könnte und er noch nicht genau wüsste, wann es die Gehaltserhöhung gibt. Mittlerweile sind wir schon bei Juni und ich komme mir echt veräppelt vor. Ich hatte immer mehr das Gefühl, dass er Angst hat sich fest zu binden und gar nicht zusammen ziehen will, weil es so wie es jetzt läuft ja sehr bequem für ihn ist, mit dem Zimmer bei den Eltern. Er streitet das aber immer ab.
Ich bin fest davon überzeugt, dass der Grund hierfür das extrem enge Verhältnis zu seiner Mutter ist. Sie ist ein sehr lieber Mensch und bemüht sich sehr um ihren Sohn. Allerdings finde ich, dass es zu viel ist. Wenn er zu Hause schläft, was ja nicht mehr allzu oft ist, dann weckt sie ihn und bringt ihm eine Zigarette mit Feuerzeug, Aschenbecher und Cappuccino ans Bett. Er braucht kein Kostgeld zu bezahlen und muss nichts im Haushalt tun, obwohl er es ja bei mir anstandslos tut. Selbst den Internetzugang, die Autoversicherung und das Sporttraining zahlen die Eltern. Oben drauf gibt?s gelegentlich noch Taschengeld. Seine Mutter macht für ihn die Friseur- und Arzttermine und ruft sogar beim Arzt an, wenn irgendwelche Laborergebnisse ausstehen. Ich finde das unmöglich, weil er mit 26 Jahren durchaus selber dazu in der Lage wäre. Er behauptet dann immer, dass er vom Büro aus nicht da anrufen könnte. In der Pause kann er das auch nicht, weil da ja die Kollegen bei sind. Mal eben vor die Tür gehen möchte er auch nicht, weil das ?blöde? ist. Er findet immer neue Ausreden und gibt nicht zu, dass er einfach zu bequem ist um es selbst zu erledigen. Seine Mutter freut sich immer, wenn sie so etwas erledigen kann, weil sie dann eine Aufgabe hat und sich nicht so unnütz vorkommt, da ihr Sohn ja in der letzten Zeit immer besser ohne sie zurecht kam. Sie kommt einfach nicht damit klar, dass er alt genug ist um eine eigene Familie zu Gründen. Stattdessen reißt sie bestimmte Aufgaben an sich um ihn weiter an sich zu binden. Dabei macht sie das nicht auf eine dominante oder unfreundliche Art und Weise. Wenn wir zu Besuch sind und wieder gehen wollen, dann fängt sie plötzlich an zu weinen. Sie schluchzt dann, dass wir ja gar nicht mehr so oft da sind wie früher und dass sie ja immer alleine ist. Das stimmt natürlich nicht. Mein Freund fährt jeden Morgen vor der Arbeit nach Hause und hält noch mal kurz dort, wenn er nach der Arbeit wieder zurückkommt. Abends ruft er oft noch mal an, weil er irgendetwas fragen oder wissen will. Seit drei Jahren fahre ich jeden Montag mit ihr zusammen zum Spanisch und wenn wir einkaufen fahren nehmen wir sie auch oft mit. Prinzipiell ist sie wirklich nett und ich mag sie sehr. Wenn ich Probleme habe, dann hat sie immer einen guten Rat und sie ist sehr lieb. Aber desto mehr sie klammert, desto weniger mag ich sie noch besuchen kommen.
Anfangs weinte sie sogar, dass sie gar nichts mehr zu tun hätte seit dem ihr Sohn nicht mehr zu Hause ist. Zu der Zeit fing mein Freund dann an schmutzige Wäsche mit nach Hause zu nehmen, damit seine Mutter sie waschen konnte. Oder er wollte, dass wir nach der Arbeit bei seinen Eltern Mittag essen. Darüber habe ich mich wahnsinnig geärgert, weil ich ein sehr selbstständiger Mensch bin und durch die Scheidung meiner eigenen Eltern schon mit 16 Jahren auf eigenen Beinen stand. Wir haben uns dann darauf geeinigt, dass wir jeden Samstag zum Essen kommen und das mit einem längeren Besuch verbinden. Wenn wir dann aber da sind, dann fängt sie ständig an irgendwelche Bemerkungen zu machen, die mich total ärgern. Sie sagt dann: ?Ist ja doch ganz gut, dass die Mama noch da ist. Dann gibt?s mal endlich wieder was zwischen die Zähne.? Ich glaube nicht, dass sie das böse meint. Sie möchte wahrscheinlich einfach nur, dass wir sie anerkennen und loben. Leider kann ich nicht so gut kochen wie sie. Wir bemühen uns sehr zusammen etwas Leckeres zu machen und es klappt auch immer ganz gut. Wenn dann aber solche Bemerkungen kommen verletzt mich das sehr, weil ich das Gefühl habe, als wenn sie mich damit ein wenig schlecht machen wollte um sich selbst höher zu heben.
Dazu kommt noch, dass die Ehe der Eltern nicht so gut läuft. Ihr Sohn ist alles was sie hat und dementsprechend verhätschelt sie ihn auch. Um ihren Mann hat sie sich nicht so intensiv bemüht und jetzt auf einmal wo der Sohn fast aus dem Haus ist, scheint nicht so viel von der Ehe übrig geblieben zu sein. Oft beschwert sie sich bei uns über ihren Mann und weint sich darüber aus. Das führt bei meinem Freund natürlich dazu, dass er Mitleid mit seiner Mutter hat. Ich finde es aber nicht in Ordnung, dass sie ihn in ihre Eheprobleme mit einbezieht. Sie hat genug Freundinnen, denen sie davon erzählen kann. Seine Mutter macht selber genauso Fehler wie sein Vater und mein Freund kann sich unmöglich auf die Seite von einem der Beiden stellen. Wenn sie dann mal im Unrecht ist und man ihr das versucht zu erklären, dann ist sie sofort eingeschnappt und fängt an zu weinen.
Wenn sich seine Eltern streiten, dann rufen sie oft bei uns an und beschweren sich bei meinem Freund über den jeweils Anderen. Oft genug ist er schon nach Hause gefahren um den Streit seiner Eltern zu schlichten. Das macht mich total wütend weil ich das nicht in richtig finde. Seine Mutter sagt dann am Telefon immer, dass alles in Ordnung sei und sie schon irgendwie mit der Situation fertig werde. Sie sagt es aber auf eine Art und Weise, dass mein Freund sich sofort ins Auto setzt und los fährt. Wenn das am Wochenende passiert, dann ist natürlich der ganze Abend im Eimer weil z.B. der Kinofilm schon längst angefangen ist bis seine Eltern sich beruhigt haben oder man einfach keine Lust mehr hat weg zu gehen. Oft genug haben wir uns deshalb gestritten und auch am nächsten Tag noch Stress miteinander gehabt, während seine Eltern wieder in trauter Zweisamkeit auf der Couch saßen.
Wenn mein Freund seine Eltern dann am nächsten Tag darauf anspricht, dass er nicht von ihnen angerufen werde möchte um ihren Streit zu schlichten, dann schiebt seine Mutter die Schuld immer auf seinen Vater. Tatsächlich ist es ja auch so, dass SIE nicht anruft, sondern ER. Aber wirklich davon abhalten tut sie ihn auch nicht. Sie macht das immer ganz Geschickt, damit man ihr nicht die Schuld geben kann.
Mich nervt das alles wahnsinnig und am liebsten würde ich in eine andere Stadt ziehen, denn wir wohnen jetzt ca. 5 Minuten entfernt. Allerdings glaube ich nicht, dass es etwas ändern würde. Anstatt morgens und nachmittags würde er wahrscheinlich nur nachmittags aber für die doppelte Zeit bei seinen Eltern vorbei gucken und durch die Anfahrt noch länger unterwegs sein. Das gleiche würde natürlich auch für die Kontrollbesuche bei Streitigkeiten gelten.
Letzte Woche wollten wir schon mal den Internetzugang kündigen, da der Computer bereits nächsten Monat in meiner Wohnung angeschlossen wird. Wir hatten seine Mutter gebeten eine Rechnung raus zu suchen, damit wir die Kundendaten als Referenz für das Kündigungsschreiben ersehen konnten. Komischerweise fand sie keine einzige Rechnung und befand, dass es ja auch nicht so eilig sei. Die Rechnung hat sie bis jetzt noch nicht rausgesucht. Stattdessen wollte sie gestern noch mal schnell was im Internet gucken, da sie dazu ja demnächst keine Möglichkeit mehr hätte wenn der Computer weg ist. Dabei weiß sie ganz genau, dass sie uns jederzeit besuchen kommen kann. Sie drückt sich immer so aus, dass mein Freund direkt Mitleid mit ihr bekommt.
Ich bin fest davon überzeugt, dass all diese Dinge Gründe dafür sind, dass mein Freund ständig den Termin fürs Zusammenziehen verschiebt und offiziell noch zu Hause wohnt. Mehrere Leute haben bereits bemerkt, dass die Mutter meines Freundes zu sehr klammert und einfach nicht los lassen kann. Über solche Bemerkungen regt sie sich immer wahnsinnig auf und lenkt die Aufmerksamkeit dann ständig auf die negativen Eigenschaften der Leute, die sie kritisiert haben. Sie dreht den Spieß praktisch um und schluchzt weinend, dass ihr Sohn ja nun mal alles sei was sie hätte, und dass ja nichts Schlimmes dabei sei, wenn sie ihn die Zeit verwöhnt in der er noch da ist. Das tut mir dann natürlich auch Leid, aber so kann es wirklich nicht weiter gehen. Es ist irgendwie unmöglich das Thema anzusprechen, weil sie absolut keine Kritik vertragen kann und sofort eingeschnappt ist. Egal was man sagt, sie streitet es ab und regt sich wahnsinnig darüber auf. Daraufhin stellt sich mein Freund auf ihre Seite und gibt klein bei. Ich finde das sehr manipulierend und unfair.
Haben Sie einen Rat für mich?

Anwort von Sabine

Hallo!

Ich glaube, die Bezeichnung "Hotel Mama" trifft nicht so ganz zu. Dein Freund ist schon bereit, wie ich es Deiner Mail entnehmen kann, eine Wohngemeinschaft mit Dir einzugehen.
Das Verhalten seiner Mutter kommt bestimmt in vielen Familien vor. Nur wenige Mütter können wirklich loslassen. Es ist wichtig, dass Du (auch wenn es kompliziert werden könnte) anfängst mit der Mutter darüber zu sprechen. Es ist gut, dass ihr der Mutter mitteilt, dass ihr erreichbar seit, aber dennoch sollte sie auch lernen, dass ihr Sohn mit seiner Volljährigkeit nicht immer springen kann. Du selber kannst hierbei eigentlich wenig ausrichten. Dein Freund wird lernen müssen seiner Mutter auch einmal ein "nein" entgegen zu bringen. Er hat mehrfach jetzt mitbekommen, wie das Chema abläuft. Sehr bald wird er dann vielleicht wagen auch einmal "nein" zu sagen, wenn die gleichen Situationen auftauche. Er hat erkannt, dass seine Mutter Dinge dramatischer darstellen kann, als sie wirklich sind und ich denke, dass er auch daraus lernen wird. Nur denke ich auch, dass es seine Zeit brauchen wird. Sprecht auch mit der Mutter darüber, dass der Umzugstermin verschoben wurde und das es euch beiden irgendwo leid tut. Vielleicht erkennt sie so dann auch, dass sie nicht immer diese Schiene fahren kann und wenn sie wirklich so lieb und verständnisvoll ist, dann wird sie auch lernen bald loszulassen. Wichtig ist halt, dass ihr darüber sprecht und euch keine Vorwürfe macht. Diese Vorwürfe könnten dann nämlich schnell zum Streit führen. Missverständnisse sollten gleich aus dem Weg geräumt werden, damit keine falschen Vermutungen aufkommen.
Ich denke nicht, dass es das Verwöhnprogramm am Morgen ist oder das Vereinbaren von Terminen für den Sohn, welches ihn zurückhält im April umzuziehen. Ich denke vielmehr, dass Dein Freund mit einem guten Gefühl umziehen möchte. Im Grunde lebt ihr doch schon in einer Wohngemeinschaft. Beide, Sohn und Mutter, werden lernen müssen Stück für Stück loszulassen. Da kann es manchmal auch holprig werden. Du kannst mit Deinem Partner im Grunde nur darüber sprechen. Je mehr Du Dich jedoch dort reinhängst, um so mehr kann es auch ihn belasten .

Lieben Gruß