Problem von Kai - 27 Jahre

Feedback zu Feedback "ich liebe meinen Stiefvater"

Sorry liebe Susi...

aber da muss auch ich wieder ein Feedback abgeben.

Bezugnehmend auf deine Nachricht in

http://mein-kummerkasten.de/49088/Feedback-zu-Kai-27.html

muss ich eingestehen, dass ich der Vollständigkeit halber auch den § 174 StGB hätte zitieren müssen.

Dies habe ich (leider) deshalb nicht gemacht, weil auch dieser Paragraph in der vorliegenden Fallgestaltung nicht anwendbar ist.

§ 174 I Nr. 3 StGB:
Da es sich vorliegend um den Stiefvater handelt, fällt er nicht unter § 174 Abs. 1 Nummer 3 StGB (gilt nach der Rechtsprechung nur für leibliche Eltern und Adoptiveltern). Bei Stief- und Pflegeeltern kann nur Absatz 1 Nummer 1 und 2 greifen.

§ 174 I Nr. 2 StGB:
Vorliegend ist das Mädchen schon 17. Im Falle des Absatz 1 Nummer 2 liegt ein Missbrauch nur dann vor, wenn der Täter ausschließlich INFOLGE des Abhängigkeitsverhältnisses zum Erfolg kommt (WORTLAUT: "unter Mißbrauch einer mit dem Erziehungsverhältnis (...) verbundenen Abhängigkeit"!), d.h. wenn die Tat ohne Einverständnis des Opfers geschieht, der Täter z.B. seine Macht und Überlegenheit ausnutzt und dies als Mittel einsetzt, das Opfer gefügig zu machen. Von einem Missbrauch der Machtstellung kann vorliegend wohl kaum ausgegangen werden, da das Mädchen eindeutig schreibt, dass sie das freiwillig tut und auch gerne tut (mit 17 kann ihr auch unterstellt werden, dass sie weiß was sie da anstellt). Entscheidend ist hier, der Wille des "Opfers".

§ 174 I Nr. 1 StGB:
Im Falle des - hier nicht vorliegenden - Absatz 1 Nummer 1 kommt es zwar nicht auf den Missbrauch des Abhängigkeitsverhältnisses an, es wird aber gemäß Absatz 4 von der Strafe abgesehen, wenn - wie hier - das Mädchen zustimmt bzw. sofortige Bereitschaft signalisiert.

Wie du siehst, liegt somit kein Fall des § 174 StGB vor. Zumindest solange es keine Anhaltspunkte gibt, dass irgendetwas gegen den Willen des Mädchens erfolgte (zudem ist sie immerhin 17). Erst wenn sie ihre Meinung "ändert" und z.B. behauptet ihr Stiefvater hätte ihre schwärmerischen Gefühle ausgenutzt, eigentlich habe sie das nie gewollt, sondern sich bedrängt gefühlt, könnte man anders urteilen.
Im Gegensatz zu § 173 StGB, bei dem NUR die Tatbestandsvoraussetzungen des Gesetzestextes vorliegen müssen (egal ob es die Beteiligten freiwillig tun oder nicht), kommt es bei § 174 StGB eben entscheidend auf den WILLEN des Mädchens an (Ausahme § 174 Absatz 1 Nummer 3 StGB, der wie oben beschrieben hier nicht vorliegt).

Falls z.B. die Mutter den Stiefvater anzeigt, würde ich selbst im Fall einer "unter 16-jährigen" vorliegend - wegen der Möglichkeit des Absehens von der Strafe gemäß § 174 Absatz 4 StGB - eher auf einen Freispruch tippen (zumindest in unserem Bundesland NRW). Im vorliegenden Fall des § 174 I Nr. 2 StGB (da das Mädchen 17 ist) sowiso.
Ich mache diese Aussagen aus Erfahrungsgründen, ich arbeite seit längerem beim Jugendamt (mit juristischer Ausbildung) und betreue unter anderem auch Missbrauchsfälle und es werden bei einer schwachen Beweislast immer wieder solche Urteile gefällt. Und im vorliegenden Fall haben wir ja nicht einmal eine schwache Beweislast, denn das Mädchen fühlt sich ja nicht einmal missbraucht.

Leider kann man nicht immer nur nach dem Wortlaut der Paragraphen gehen, sondern muss auch wissen, was dahinter steckt.
Meine Ausführungen kannst du daher in jedem Kommentar zum StGB sicherlich auch so nachlesen.
(Ein Mord ist eben nicht gleich ein Mord, nur weil für einen Nichtjuristen der Wortlaut des Paragraphen § 211 StGB vorliegt, oft ist es eben doch nur Totschlag oder Körperverletzung mit Todesfolge, wie man an vielen aktuellen Beispielen in der Presse ja häufig auch so verdeutlicht bekommt. Hier liegt eben auch so ein Fall vor).

Meine Ausführungen sind wohl sehr juristisch, aber hoffentlich trotzdem hilfreich!

Liebe Grüße Kai

Anwort von Susi

Hallo lieber Kai!!

Tja man lernt nicht aus!

Danke für Deine ausführliche Kritik bzw. Ergänzung.

Ich habe mich bei meinem Feedback wohl etwas zu sehr hinreißen lassen, da ich generell moralisch verwerfliche Fälle wie den der 17jährigen, die meint sie liebt ihren Stiefvater mit sehr gemischten Gefühlen verfolge.
Ob das nun ein Missbrauch war oder nicht (ja, da spricht wohl der Laie in mir...) in meinen Augen ist der Stiefvater nach wie vor der Buhmann.

Ich finde es gut, dass Du Dich tagtäglich mit solchen Fällen auseinandersetzt - ich könnte es nicht...

Bleib weiterhin aufmerksamer Leser des Kummerkastens, denn wir sind ja auch auf Feedback und das Wissen unserer Leser angewiesen um weiterhin unsere Ratschläge geben zu können :)

Schöne Grüße
Susi