Problem von Anonym - 27 Jahre

keine Lebensfreude mehr

Hallo,

ich bin verheiratet und habe ein kind von 5 jahren. ich war schon immer ein schwieriger mensch, da ich aus einer beschissenen familie stamme. ich hab mich aus vielen problemen, wie selbstmordgedanken, ritzen, bulimie ganz alleine rausgeholt, mein wille war doch immer recht stark.
nun, vor einigen wochen ist meine mutter urplötzlich, ohne jede vorwarnung verstorben. sie war alles was ich an familie hatte, auch wenn unser verhältnis immer schwer war hab ich sie dennoch geliebt und sie war meiner tochter eine super oma. jetzt ist sie weg, einfach so und lässt mich mit einem riesigen loch zurück. ich tue so als wäre nichts, verdränge und fresse in mich rein, wie ich das schon immer getan habe. das leben ist für mich unerträglich, keine freude mehr, überall sehe ich sie, habe den wunsch mit ihr zu sprechen.
mein leben dreht sich nur noch um kind und haushalt, ich liebe mein kind, war aber immer froh wenn sie für ein wochenende bei oma war und mein mann und ich mal zeit für uns hatten. das ist das nächste problem. mein mann und ich haben keine freie minute mehr füreinander, er arbeitet, abends ist er müde und ausgelaugt. um es kurz zu sagen, zwischen uns läufts nichts mehr.
ich bin überfordert, am ende meiner kräfte, und weiss nicht wohin mit meiner trauer. schon immer war ich ein einzelgänger, bin mit dem gefühl erzogen worden das ich nicht wichtig bin und erst mal die anderen drankommen.
ich hab vieles überstanden, hab immer die nötige kraft irgendwie aus mir rausgeholt. das geht nicht mehr, ich fühle mich leer, wie ein roboter der seine alltäglichen pflichten auf knopfdruck erfüllt.
meine hausärztin hat mir eine überweisung für einen psychologen ausgestellt, naja, sowas hab ich in meinem leben schon öfter mal versucht und immer gemerkt das es mir nichts bringt, reden ist nicht meine stärke.
ich weiss nicht was ich tun soll. seit einem halben jahr geh ich nochmal zur schule, will mein abi nachholen. hat alles super angefangen, gute noten, jetzt geht gar nichts mehr. ich krieg das alles nicht alleine unter einen hut.

danke fürs zuhören.

Anwort von Sabine

Hallo!

Es ist immer schwer zu verstehen, wenn einem eine so nahe stehende Person einfach genommen wird, Zumal mir es scheint, dass ihr vielleicht doch gar nicht so ein schlechtes Verhältnis zueinander hattet. Dir fehlen die Gespräche mit ihr, sagst Du. Leider gibt es aber keine andere Möglichkeit, als es zu akzeptieren und dazu braucht es Zeit und die Zeit solltest Du Dir geben, es richtig zu verstehen und richtig zu verarbeiten, was da eigentlich passiert ist. Die Gedanken an Deine Mutter und die Erinnerungen, alle das schwirrt jetzt in Deinem Kopf rum und gleichzeitig wird aber noch verlangt, dass alles so weiterläuft wie bisher, denn Dein Kleiner, der Dich so sehr braucht, der fragt nicht nach der Zeit die zurück liegt, sondern der will schnell groß werden und braucht seine Mama. Dieser Trott, den Du jetzt bestimmt gerne mal ablegen möchtest um nachzudenken, der wird dann schnell als Belastung angesehen. Ich denke, daher kommt Dein Gefühl, dass Du handelst wie ein Roboter. Die Erinnerungen an Deine Mutter, die werden Dir bleiben, auf jeden Fall, denn sie sind tief in Deinem Herzen und die kann Dir keiner nehmen. Versuche Dir ruhig ein wenig Zeit zum Trauern nehmen, wenn Dein Kind schläft, denn die Trauer, die muß auch sein, um aufgestaute Gefühle rauszulassen um sich anschließend ein wenig besser zu fühlen. Das Stauen der Gefühle läßt den Frust aufkommen und es wird ein Versteckspiel der Gefühle, bei dem man nie gefunden wird. In dem Versteck wird man irgendwann verhungern und das sollte auf gar keinen Fall passieren.
Ich finde, Deine Mail klingt, als wenn eine Menge Kraft und Energie in Dir steckt und Du eine starke Frau bist, aber die sich irgendwo nach einer Schulter sehnt. Ich denke so geht es vielen.
Du schreibst zwar, das Du als Einzelkämpfer erzogen wurdest und nicht viel reden magst, aber ich finde in Deiner Mail sprichst Du sehr ausführlich und jetzt überlege einmal, wie Du Dich gefühlt hast, als Du uns Deine Mail mit dem Problem gesandt hast. Ich denke, es tat gut. Oder? Sich den Frust aus dem Bauch und dem Kopf geschrieben zu haben, es muß entlastet haben. Also, Du kannst reden und Du solltest auch reden, denn nur so kannst Du immer wieder neue Kraft schöpfen.
Du hast einen Mann, der sehr gestresst ist abends von der Arbeit und Du sagst, es läuft nichts mehr. Vielleicht solltest Du mal wieder beginnen daran zu arbeiten. Er und Du. Ihr beide gemeinsam. Sprich mit ihm und erzähle ihm, wie Du Dich fühlst und spiele ihm nicht die perfekte Hausfrau vor, die ja so stark ist. So muß er ja glauben, dass alles ok ist und Du mit allem zurecht kommst. Stehe doch zu Deinen Gefühlen un lasse Dich mal wieder in seine Arme fallen. Ich denke, wenn man ihn richtig darauf aufmerksam macht, dann wird er es auch verstehen. Ihr solltet euch jetzt nicht auch noch aus den Augen verlieren, sondern an eurer Beziehung arbeiten. Nur muß er dafür auch geweckt werden. Er hält Dich wahrscheinlich für stark und perfekt. Das nichts mehr läuft, dass kann geändert werden. Es ist eine logische Folge, denn Du nimmst den Kummer und Frust vom Alltag mit ins Bett und er den Stress von der Arbeit. Ihr solltet über eure Probleme sprechen, bevor ihr ins Bett geht, damit die Nacht ruhig wird und ihr Arm in Arm wieder einschlafen könnt. Ich denke, wenn ihr frei im Kopf seid und dann schlafen geht, dann kommen auch die Gefühle füreinander wieder.
Wie Du auch festgestellt hast, baut ein Problem auf dem anderen auf. Die Trauer, für die Du keine Zeit hast, die frustet Dich. Der Tagesablauf im Haushalt und mit Kind frustet Dich aufgrund dessen und da soviel Frust angestaut ist, folgt die gähnende Langeweile im Sexleben und die richtige Beziehung zum Partner.
Versuche erst einmal mit dem Trauer klarzukommen und richtig Abschied zu nehmen von Deiner Mutter. Nimm Dir die Zeit. Es gibt bestimmt einen Weg. Versuche mit Deinem Mann wieder zu sprechen und ehrlich zu ihm zu sein. Sprich mit ihm in aller Ruhe bei einem Glas Wein oder Bier und nicht zwischen Abendessen und Fernsehen.
Versuche halt diese Kettenreaktion zu unterbrechen, damit Du endlich wieder zu Dir findest und wieder Spaß am Leben und Deinen Aufgaben im Leben hast und Du endlich wieder spüren kannst, wie schön es sich anfühlt, wenn man für jemanden da ist. Dein Mann und Dein Kind, sie brauchen Dich, auch wenn sie es Dir nicht jeden Tag sagen.

Lieben Gruß.