Mein Leben ist eine Lüge!
Ich habe das unfassbare erfahren. Ich lebe mit meiner Mutter und meinen zwei kleineren Schwestern zusammen. Mein Vater ist vor sieben Jahren bei einem Autounfall ums Leben gekommen.
Ich brauchte für die Schule meine Geburtsurkunde und aufgrund, dass meine Mutter, besser gesagt die Person, die ich Mutter nannte, nicht da war, und ich ja wusste wo sie die aufbewahrt, holte ich mir die selber. Ich hatte vorher noch nie einen Blick reingeworfen. Da tat ich es dann und was ich las schockte mich. Dort stand bei den Namen Mutter und Vater nicht die Namen von denen wo ich lebe. Als meine Mutter wieder kam sprach ich sie sofort darauf an. Sie fing an zu weinen und ich verstand nicht was los ist. Sie erzählte mir dann, was früher geschehen ist. Mein leiblicher Vater und meine leibliche Mutter waren zwei Jahre verheiratet gewesen, als mein Vater meiner Mutter zu sagte, dass er sich scheiden lassen will, weil er eine Neue hat. Meine Mutter ist aus allen Wolken gefallen. Sie konnte es nicht glauben. Sie war damals im neunten Monat mit mir schwanger, als sie davon erfuhr. Mein Vater fragte sie dann ob ich bei ihr leben soll. Er würde mich dann besuchen kommen. Sie haben sich dann heftigst gestritten, weil meine Mutter meinte, er würde sich aus der Verantwortung ziehen wollen. So war es aber gar nicht. Er wollte ihr nur nicht das Kind weg nehmen. Meine Mutter hat wegen den Streit die Wehen bekommen und mich zur Welt gebracht. Mein Vater hat die Scheidung eingereicht. Ich habe bei meiner Mutter gelebt. Mein Vater hat mich besucht. Als ich drei Monate alt war ist mein Vater bei einem Motorradunfall gestorben. Die Polizei hat festgestellt, dass die Bremskäbel durchgeschnitten waren. Sie haben ermittelt und meine Mutter gefragt. Zuerst hat sie alles geleugnet, aber dann wurden Fingerabdrücke von ihr auf den Bremskäbeln gefunden und sie wurde überführt. Ich kam dann ins Heim. Meine Mutter hat alles geleugnet. Erst als sie verurteilt werden sollte gab sie alles zu. Sie meinte, er hätte es nicht besser verdient. Er wäre Schuld daran, dass sie jetzt alleine sei. Sie hätte doch nie Kinder gewollt, aber er wollte unbedingt welche. Nur wegen ihm hat sie sich schwängern lassen. Und dann kurz bevor das Kind da ist nimmt er sich eine andere. Sie meinte auch, dass sie sich das nicht bieten lassen würde. Er hätte mich nehmen sollen, aber er wollte es nicht, weil er den ganzen Tag gearbeitet hat. Allein deshalb hat sie ihn umgebracht. Sie wurde zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt. Vier Jahre war sie im Gefängnis gewesen und dann wurde sie morgens tot aufgefunden. Sie hatte sich erstochen. Im Abschiedsbrief hat sie geschrieben, das sie nicht mehr im Gefängnis sein wollte. Sie könnte so nicht weiter leben. Sie wollte weg. Sie hat auch geschrieben, dass sie nicht möchte, dass ihr Kind, also ich, an ihr Grab kommt. Es wäre für sie eine Abscheulichkeit, weil sie mich hassen würde. Ich wäre ein Unfall, der größte Fehler ihres Lebens. Ich bin, als ich sechs Monate war, zu meiner Tante gekommen, bei der ich jetzt auch noch lebe.
Als ich das alles erfahren habe, bin ich weinend in mein Zimmer gerannt. Ich will mit keinem mehr reden. Ich habe das jetzt am Sonntag letzter Woche erfahren. Ich war die ganze letzte Woche nicht in der Schule. Ich kann nicht. Ständig mache ich mir Vorwürfe. Wenn es mich nicht gäbe, würde mein leiblicher Vater noch leben. Wenn es mich nicht gäbe, würde meine leibliche Mutter noch leben. Ich habe das Gefühl, dass ich Schuld an den Tod meiner leiblichen Eltern bin. Was soll ich denn jetzt machen? Ich kann nicht so weiter leben, als wäre nichts passiert.
Anwort von Vanessa
Liebe Lilli,
es unfassbar was du da erfahren und erlebt hast und es tut mit leid, dass du so viel Schmerz spürst. Ich kann verstehen, dass du total traurig bist und das diese ganze Geschichte dich richtig mitnimmt. Aber fühlen kannst nur du du es.
Du machst dir Vorwürfe wegen dem Tod deines Vaters und deiner Mutter, weil deine Mutter gesagt hat, dass sie deinen Vater wegen dir getötet hat und sie gesagt hat, dass du der größte Fehler ihres Lebens warst.
Es ist sicherlich schwer zu verstehen aber dich trifft da wirklich keine Schuld! Deine Eltern haben dich in die Welt gesetzt, weil sie sich ein Kind gewünscht haben. Als ihre Beziehung noch gut war, muss ja aus irgend einem Grund die Entscheidung gefallen sein, dass sich deine Eltern ein Kind wünschten. Das dein Vater sich während der Schwangerschaft in eine neue Frau verliebte, konnte ja niemand ahnen.
Deine Mutter war überfordert mit der Situation! Sie konnte sicher nicht glauben, dass ihr Mann die vor dem wichtigen Termin ihrer Geburt im Stich lassen wollte. Dass er eine andere liebte. So was macht einen fertig und vor allem, wenn man eh wild herumwirbelnde Hormone wegen der Schwangerschaft in sich trägt. Für deine Mama war das zuviel. Dein Vater brachte dann das Fass zum überlaufen, indem er sich in ihren Augen aus der Verantwortung ziehen wollte.
Deine Mutter hat in sich so viel Hass aufgebaut, in dieser Zeit. Sie hat Hass ihm gegenüber entwickelt und dir gegenüber. Du kannst nichts dafür. Du bist einfach nur auf die Welt gekommen. Wenn du nicht da gewesen wärst und dein Vater sich trotzdem ne Neue gesucht hätte, hätte sie vielleicht auch ihn und dann sich umgebracht. Sie hat dich mehr als eine Art Frustabladestelle benutzt. Irgendwem musste sie ja die Schuld geben. Deine Mutter hat sich ganz schön übel verhalten, doch das war sie selbst und nicht du. SIE hat deinen Vater umgebracht und SIE hat sich selbst das Leben genommen. DU warst nur da. Sie hat das gemacht, weil SIE mit sich selbst und der Situation unzufrieden und überfordert war. Sie hat die Trennung psychisch nicht verkraftet. Sie hatte sich nicht unter Kontrolle. Sie hätte die Schuld genauso auf die Freundin deines Vaters schieben können, wenn man verletzt ist, neigt man dazu die Schuld auf jemand anders zu schieben, weil man selbst nicht auch noch damit umgehen könnte (weil es schon genug weh tut) dass man selbst einen Anteil an der Situation hatte.
Aber den hatte sie ganz klar. In der Beziehung deiner Eltern muss irgendwas schief gelaufen sein, sonst hätte er sich ja keine neue gesucht. Aber nicht du, sondern deine Mutter hat beschlossen, die Bremsschläuche durchzuschneiden. Und das nicht wegen dir, sondern weil sie so verletzt war und nicht mehr ganz klar. Genauso hat sie sich selbst umgebracht. Nicht wegen dir. Sondern weil sie selbst nicht mit der Situation klargekommen ist.
Meinst du nicht, dass deine Tante bis jetzt immer eine ganz gute Ersatzmutter war? Ich glaube, dass sie dich als ihr Kind angenommen hat und dich wirklich liebt. Es ist nicht leicht, jemandem eine solche Geschichte zu erzählen und deshalb hat sie es sicherlich vor sich hergeschoben. Meinst du, du findest jemanden zum Reden? Deine Schwester, deiner Mutter, deine Freundin? Gibt es irgendwen, der dich mal in den Arm nehmen kann, dir zuhört und ein bisschen bei dir ist? Ich würde das so gerne machen, aber durchs Internet geht das leider nicht! Versuch, wenn du magst, wieder langsam auf die anderen zuzugehen - zu reden. Wie fühlst du dich? Teile das jemandem mit. Du darfst dich auch gern noch mal hier melden - wir sind für dich da!
Vielleicht konnte ich dir ein bisschen weiterhelfen. Alles Liebe und Gute, Vanessa
(Wenn du sonst noch mal sprechen willst oder es mal ganz schlimm ist:
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