Problem von Anonym - 21 Jahre

Keine Gefühle mehr?

Liebes Team.

Ich bin seit 1,5 Jahren mit meinem Freund (22) zusammen, wir sind nach einem halben Jahr zusammengezogen, weil es sich mehr oder wenig zufällig so ergeben hat (wir beide mussten aus unseren alten Wohnungen ausziehen). Mit dem Wohnen ist es ganz ok. Wir haben zwar wenig Platz, aber wir sind es beide gewohnt, die Nähe und reden oft auch den ganzen Tag nichts miteinander, was nicht böse gemeint ist.
Am Anfang war er sehr lieb zu mir und ich war richtig verliebt, so mit allem drum und dran. Nur hatte ich irgendwie unbewusste Bedenken, dass wir nicht zusammenpassen könnten, weil wir ganz unterschiedliche Interessen haben. Seine Ex-Beziehung war damals auch nur ein paar Monate her, und er hat oft von ihr geredet. Hat mich am Anfang nicht so gestört. Er ist ein sehr egomanischer Mensch, ich eher das Gegenteil, Angst vor Konflikten, darum Streit vermeiden, lasse mir viel gefallen usw. Er hat das sehr ausgenutzt. Am Anfang wollte er mich so formen, wie er es wollte, aber nie direkt, sondern immer indirekt. Er hat mich oft unter Druck gesetzt das ich das und das sagen sollte gegenüber anderen und so weiter. Dazusagen muss ich, dass er nicht eifersüchtig ist, weil er der Meinung ist, dass ich so sehr an ihm hänge, dass ich sowieso nie fremdgehen würde. Würde ich auch wahrscheinlich nicht, zumindest habe ich so was noch nie gemacht. Auch ist er machmal gemein zu mir, er sagt, dass ich nicht gut aussehe, dass er selbst so hübsch sei, dass meine Arbeit minderwertig ist, obwohl er den ganzen Tag zu Hause ist und nichts tut. Er trinkt und kifft auch viel, jeden Tag, er geht nie nüchtern schlafen. Wenn er betrunken ist, ist er aber immer liebesbedürftig und nie blöd oder aggressiv. Ich habe ihm schon gesagt, dass er ein Problem hat und dass er Hilfe braucht, aber er sieht das nicht, er weiß es zwar, aber er ist zu stolz, um so etwas zuzugeben. Wir reden oft den ganzen Tag nicht, was ok sein kann. Nur, wenn ich irgendwas zu reden beginne, sagt er immer, das interessiert ihn nicht, sei es das Wetter oder ernsthafte Probleme. Nun, ich sehe, dass er eigentlich selbst große Probleme mit sich hat, sonst würde er mich nicht andauernd so verletzen. Er meint das auch nicht so, will nur was kompensieren, das weiß ich, darum kann ich auch nicht auf ihn böse sein, obwohl es mir schlecht geht. Am Anfang war die Vorstellung, dass er mich jemals verlassen könnte, das schlimmste für mich. Ich hatte grausame Verlustängste, obwohl ich prinzipiell nicht so eifersüchtig ist, schon gar nicht, wenn er meine Eifersucht bewusst herbeiführen will, indem er sagt, die ?geil? die und die aussieht. Dann lacht er immer so höhnisch, will nur, dass ich mich ärgere. Darauf steige ich aber nicht ein, kommt mir vor wie ein Kleinkind. Einmal hat er mich nicht mehr ins Bett gehen lassen, weil ich immer so böse wurde, wenn ich er mich mitten in der Nacht bekifft aufgeweckt hat, wenn ich aufstehen musste. Er erkennt meine Grenzen nicht an, auch wenn ich sie ihm noch so eindringlich zeige. Ich sage, ich hasse es, wenn du mich aufweckst, wenn ich aufstehen muss, weil ich sonst den ganzen Tag bei der Arbeit müde bin. Ihm ist das egal, er macht es dann absichtlich. Obwohl er dabei nicht Sex haben will, sondern nur mich wecken, ein bisschen nerven und mich dann schlafen lässt. Das Problem ist glaube ich, dass ich nicht klar am Anfang gesagt habe, was mich stört und verletzt. Und dann hat er immer Grenzen überschritten. Nun aber habe ich mich von ihm distanziert, innerlich, ich bin mehr unterwegs mit meinen Freunden usw. Aber jetzt ist er wieder total lieb, ich bin hin und her gerissen. Einerseits habe ich Mitleid, sehe, warum er manchmal so böse zu mir ist, dann tut es mir leid. Andererseits bin ich innerlich oft aggressiv gegen ihn, kann es aber nicht zeigen, weil ich nicht so ein Mensch bin, obwohl das gut wäre. Ich habe sogar mal mit ihm darüber geredet, dass er sich ändern muss, sonst zerbricht sein Leben und unsere Beziehung. Mehrmals habe ich das gesagt. Aber er sagte nur, ja, ich weiß, ich halte mich selbst nicht aus, ich bin in einem tiefen Loch, wenn ich du wäre, würde ich mich auch verlassen? Was bedeutet das? Ich habe schon das Gefühl, dass er mich liebt oder gern mit mir zusammen ist, er hat mir noch nie gesagt, dass er mich liebt, nur, dass er mich lieb hat. Weiß aber nicht, ob das für ihn wichtig ist, dieser Unterschied.
Nun bin ich im Herbst auf Urlaub gewesen, habe eine Freundin in Kanada besucht. Da habe ich einen Typen kennengelernt, in den ich mich irgendwie verliebt habe. Er ist älter als ich. Wir haben Wochen lang so viel geredet, er ist lieb, respektiert mich, ich begehre ihn und will mit ihm zusammen sein. Aber vielleicht ist das nur ein Traum, in dem ich mich flüchte, vielleicht will ich nur Aufmerksamkeit. Mit dem Typen habe ich nun schon lange email-Kontakt, ich habe ihm aber nicht gesagt, dass ich einen Freund habe, aber meine Freundin, die ihn auch kennt, hat es ihm erzählt. Das weiß ich von ihr, dass sie es ihm gesagt hat, ich habe mit ihm noch nie darüber geschrieben, weil ich zu feig war. Ich hatte nichts mit ihm, aber ich denke nach wie vor jeden Tag an ihn, sogar, wenn ich mit meinem Freund zusammen bin. Wir schreiben uns viele Mails, über alles mögliche, ich kann mit ihm reden, viel besser, als mit meinem Freund, der mir ja nie zuhört und sagt, ich solle das Geschwafel lassen. Nun ist es so, dass der Typ, in den ich verliebt bin, am Anfang auch in mich verliebt war, und es mir mehrere Male gesagt hat, er wollte sogar nach Deutschland kommen, wäre sich jobmäßig bei ihm ausgegangen. Aber ich Feige habe mich nicht getraut, ihm die Wahrheit zu sagen, dass ich einen Freund habe, mit dem ich zusammenwohne. Darum habe ich immer nur abgeblockt, bin nie auf seine eindeutigen Aussagen eingegangen, habe immer nur geschrieben, dass ich ihn mag und dass er sich nicht auf mich fixieren soll. Das ist aber das, was ich nicht wollte, nur ich konnte und kann mich nicht von meinem Freund trennen. Erschwerend kommt hinzu, dass ich und mein Freund im Sommer eine lange Reise unternehmen, die wir wegen Kompliziertheit der Flüge usw. schon vor ein paar Monaten gebucht haben. Das macht es mir auch noch schwer. Würde ich mich jetzt trennen, wäre viel Geld verloren. Und ich will ja da hinfahren, und auf der Reise wird auch nichts streitmäßiges passieren, haben wir uns versichert. In letzter Zeit ist eben mein Freund wieder lieb, und ich frage mich, ob ich bei ihm bleiben soll, sonst war mein Notfallplan immer, dass ich mich nach der Reise trenne. Aber ich bin in den anderen verliebt und irgendwie in meinen Freund auch. Seit ein paar Tagen weiß der andere, dass ich eine Beziehung habe, er hat noch nicht darauf geantwortet. Ich habe Angst, ihn zu verlieren, ich schätze ihn sehr, könnte auch eine Freundschaft mir mit ihm vorstellen. Obwohl er sehr, sehr weit weg ist. Was soll ich nur machen? Kann sich eine Beziehung, die am Anfang schon so viele Demütigungen hatte, bessern? Wird die Phase, dass er jetzt lieb ist zu mir, so bleiben, ich meine, nicht das normale Abflauen der Verliebtheit, sondern ohne Verletzungen? Kann ich wieder echte Gefühle für ihn haben? Ich habe Gefühle für ihn, ich lasse mich sogar auf Sex ein, und es macht mir Spaß, aber innerlich lehne ich ihn oft ab? Soll ich mit ihm wegen einer Affäre tausende Kilometer weg, die gar keine ist, schlussmachen? Beide verlieren will ich nicht. Ich will aber auch den anderen, in den ich verliebt bin, nicht verletzen, darum bin ich eben platonisch zu ihm. Aber jetzt habe ich ihn vielleicht verloren, weil ich ihm die Wahrheit gesagt habe.. Was soll ich machen, warum kann ich mich nicht lösen? Will ich mich nicht lösen? Eine Auszeit habe ich auch schon genommen, es hat nichts gebracht, ich drehe mich im Kreis. Wann weiß man, dass man jemanden liebt oder nicht mehr liebt? Gibt es Liebe ohne gemeinsame Interessen? Er hat gemeint, wenn wir älter wären, würde er mich heiraten (mein Freund). Ich weiß, dass er mich sehr magt und es nicht zeigen kann und wegen seinen Problemen fies zu mir ist, zum Beispiel sagt er, ich sehe aus wie eine Obdachlose oder ich sei zu dick. Aber das macht mir mittlerweile nichts mehr aus, was hat das zu bedeuten? Brauche ich das Unglück? Kann man in zwei Menschen verliebt sein, aber nicht, weil ich nicht alleine sein kann, sondern echt? Ich bin verzweifelt, alle sagen mir, ich soll mich trennen. Aber dann würde ich ihn vermissen, trotz allem, was passiert ist. Ist es nur Gewohnheit? Ich kann mit ihm auch nicht darüber sprechen, weil er seine Probleme nicht einsieht, und aus Stolz mich gehen lassen würde wahrscheinlich, und aus allen Wolken fallen würde, wenn er erfahren würde, was ich über ihn denke. Wenn ich ehrlich bin und ihm sage, was mich stört, ist er sofort beleidigt und macht mich fertig, dass ich lieber nichts mehr sage. Ich will echte Liebe mit Respekt. Muss Respekt zwangsläufig weniger werden? Er liebt mich doch oder mag mich, warum ist er dann so? Und ich hänge an ihm, weil ich mich nie trennen kann, nie, egal, was passiert. Aber ich bin in einen anderen verliebt, dem ich es nicht sagen kann, sonst hält er mich für verrückt, wenn ich zuerst abblocke und dann doch die Wahrheit sage. Dann glaubt er, ich nutze ihn aus und brauche ihn nur, dass er mir Bestätigung gibt, aber das ist nicht so. Ich konnte nur nicht sagen, dass ich verliebt bin, weil ich eine Beziehung hatte. Was soll ich tun, ich bin verzweifelt, habe schon so oft mit anderen darüber geredet, aber ich werde nicht klüger. Vielleicht habt ihr einen Rat für mich...

Vanessa Anwort von Vanessa

Hey,

Ihr seid jetzt schon lange zusammen und du hast dir schon viel gefallen lassen. Du hast Angst etwas falsch zu machen, egal mit wem.
Aber, ich meine, in was für eine Beziehung lebst du?
Ihr wohnt zusammen, aber nihct miteinander.
Er hackt auf dir rum, auf dem was du sagst (auf deinem Inneren) und auf deinem Äußeren. Vergleicht dich mit anderen Mädchen um dich zu ärgern (und zu verletzen). Er testet in gewissem Maße wie weit er gehen kann. Und auch, wenn er "nur" seine Schwierigkeiten kompensieren muss - du bist nicht dafür da, damit andere ihren Müll auf dich werfen können! Ja, du hast Respekt verdient und der Respekt sollte eben mit der Zeit nicht(!!) weniger werden.
Er hat sehr viele Probleme mit sich selbst. Wenn ich es richtig verstanden habe, ist er arbeitslos. Er hat keine ríchtige Aufgabe, jder Tag ist wie der andere. Die Drogen lenken ihn ab. Wenn jemand jeden Tag kifft und jeden Abend trinkt, kann man schon von Sucht sprechen. Er ist krank (und das meine ich nicht böse). Er hat sein Leben so nicht im Griff und die Frage ist, ob er das jemals wieder hinbekommt.
Und du leidest darunter. Du lässt dir alles gefallen, machst alles mit. Deine Grenzen werden nicht eingehalten. Du wirst provoziert. Du bekommst nur noch liebevolle körperliche Zuwendung, denn reden will er ja nicht mehr. Stellst du dir so eine Beziehung vor? Wie lange hälst du das selbst aus, ohne daran kaputt zu gehen? Wie fühlst du dich? Fühlst du dich geliebt, geborgen, unterstützt? Oder verachtet? Was ist da an Gefühlen, was bringt er dir rüber? Und was empfindest du für ihn? Mitleid und Mitgefühl, hast du schon geschrieben. Wann hast du dich das letzte mal richtig von Herzen gefreut? Willst du mit diesem Mann alt werden? Soll so deine Ehe aussehen und kannst du dir vorstellen, Kinder mit ihm zu bekommen?
Ich stelle dir solche Fragen, sie sind etwas provokant und sehr zielgerichtet, damit du dir klar machst, was du willst. Vielleicht ist er im Moment lieb zu dir, aber seinen ungesunden Lebensstil behält er trotzdem bei. Er hat vielleicht auch Angst, dich zu verlieren.

Du bist ein freier Mensch. Und auch wenn du ihn magst und dich ein bisschen für ihn verantwortlich fühlst - du bist nicht seine Mutter. Und auch nicht seine Therapeutin. Nicht sein Sorgenkissen und auch nicht sein Wutpolster. Du bist du, als eigener Mensch.

Der Kanadier hat dir gezeigt, was es bedeutet respektiert zu werden. Er hat dir gezeigt, wie man einander liebevolle Aufmerksamkeit entgegenbringen kann. Wie man ganz ohne Machtkampf und Verletzungen miteinander umgehen kann. Das hat dich beeindruckt und in dir starke Gefühle ausgelöst.

Únd innerlich hast du dich ja schon mit deinem "Notfallplan" entschieden, dass du nach dem Urlaub deine Beziehung beendest. Innerlich bist du schon dabei zu gehen, entfernst dich, bereitest es vor. Er merkt das und ändert sein Verhalten - aber damit du glücklich werden könntest wäre eine Therapie von seiner Seite aus notwendig. Es ist ganz schön schwer, jemanden den man mag stehen zu lassen und zu sehen, dass es ihm scheiße geht und dass er zu allem Überfluss krank ist. Aber du musst hier an dich denken´, denn das ist dein Leben. Geh deinen Weg, die ersten Schritte hast du eh schon gemacht!

Jetzt kommt noch der Urlaub. Entscheide selbst, wie du das machen möchtest. Ich kann verstehen, dass du/ ihr gerne fahren wollt. Überlege dir, was jetzt (auch ohne den Verlust des Geldes) am Besten und am Wichtigsten für dich ist. Wenn du findest, dass der Urlaub trotzdem schön werden kann, steht dem ja nichts im Wege. Vielleicht kannst du bis dahin zu deinen Eltern oder Freundinnen ziehen. Ihm sollte klar werden, dass du das ernst meinst und dass es so nicht weiter gehen kann und wird. Fairer wäre es, wenn du vor dem Urlaub die Karten auf den Tisch legst - aber leichter und vielleicht schöner ist es danach. Das ist alles deine Entscheidung. Fühle nach, was richtig ist. Fühle nach, ob du im Moment mit ihm zusammen wohnen kannst oder eher nicht. Und handle danach. Hör auf deinen Bauch und dein Herz :)

Die Zeit, die vor dir liegt ist nicht leicht, es kann stressig werden. Dennoch, du willst nicht, das es so bleibt wie jetzt, schließlich hast du hierher geschrieben. Und deshalb ist jetzt handeln angesagt. Auch wenn du ein ruhiger Mensch bist, überwinde dich und geh deinen Weg. Mache das, was für dich am Besten ist und denke jetzt mal nur an dich!!!

Ich wünsche dir alles Liebe und Gute! Vanessa