Problem von Ivonne - 29 Jahre

Beziehungskrise

Hallo Kummerkasten-Team,
ich bin mit meinem Mann seit über 12 Jahren zusammen und seit 1999 verheiratet. Wir haben einen 4jährigen Sohn. Ich war 17 und er 23 als wir uns kennenlernten. Vor ihm hatte ich nur zwei kurze Beziehungen. Ich steckte im Abitur, er arbeitete schon damals auf Montage. Also sahen wir uns eigentlich immer nur am Wochenende. Nach dem Abitur studierte ich Sozialarbeit und bin jetzt seit ein paar Jahren in meinem Beruf beschäftigt. In der ersten Zeit war es eigentlich spannend, daß wir uns nur am Wochenende sahen, aber seit unser Sohn da ist, hat sich für mich viel verändert, für ihn nicht. Ich war lebenslustig, habe gern etwas unternommen. Da ich vollzeit berufstätig bin, habe ich selbst kaum Zeit unter der Woche etwas zu unternehmen, selbst alltägliche Dinge bleiben aufs nötigste reduziert, damit ich für meinen Sohn Zeit habe. Nachmittags kümmert sich seine Mutter um ihren Enkel. Er ist bis heute sehr freiheitsliebend, geht regelmäßig aus und in der zwischenzeit bleibe ich zu Hause, er geht ohne zu fragen, ob wir zusammen etwas machen oder kümmert sich so wenig um seinen Sohn. Er hat von seiner Oma ein altes Haus bekommen, das wir seit etwa 3 Jahren mit Krediten um- und ausbauen. Insgesamt haben wir sehr wenig Zeit füreinander. Wenn ich möchte, daß er zu Hause bleibt, geht er trotzdem. Ich hatte einen Kalender eingeführt, an dem wir eintragen, wann wir etwas vorhaben, damit der andere sich danach richten kann. Einer muß sich ja zu Hause ums Kind kümmern, aber selbst da hat er kein einsehen. Er setzt sich durch. Da ist ja noch seine Mutter, die er fragt und sie kommt. Er hält mir oft vor, daß ich ja immer Zeit für meine Freundin hätte, zu Hause wäre. Dabei ist das auch fast nur aufs Wochenende beschränkt. Er vergleicht es immer. Meist läuft es irgendwie auf einen Machtkampf hinaus. Dann will er mir alle Kontakte verbieten, so wie ich es ihm verbieten würde. Er fühlt sich eingeschränkt durch mich und seine Familie. Ich will ja nicht, daß er zu Hause Däumchen dreht, sicher kann er auch allein etwas unternehmen, aber ich kann mich auf ihn nicht verlassen. Er redet nicht. Wenn ich anspreche, was mich stört: keine gemeinsamen Unternehmungen, keine Gespräche, wenig Zeit für seinen Sohn, Unzuverlässigkeit, Verabredungen/Zeiten nicht einhalten. Meist endet alles im Streit, er sieht nicht ein, daß er etwas ändern muß. Er hat über all die Jahre nichts wesentliches positiv verändert, hat sogar angefangen zu rauchen, was mich unheimlich stört (hatte mit 20 aufgehört). Eine Zeit lang war er auch spielen und hat viel Geld dabei verschleudert. Wir haben eigentlich gemeinsam ein sehr gutes Einkommen, aber es reicht irgendwie nie. Ich bin deshalb auch immernoch mißtrauisch. Es kostet mich Kraft, ihm immer wieder das Vetrauen zu schenken, zumal er die ganze Woche weg ist, ich nicht weiß wo er ist, was er macht. Das führt im Streit immer zu seinem schwarz-weiß-Denken - entweder er arbeitet auf Montage, oder er ist arbeitlos. Aber für mich steht das nicht zur Debatte. Ich möchte, daß er die Zeit, die er mit seiner Familie, seiner Frau, seinem Sohn am Wochenende verbringen kann, auch für uns da ist. Die ganze Zeit kümmere ich mich um alles allein, er verläßt sich auf mich. Aber zur Zeit weiß ich nicht mehr, warum er eigentlich mit mir zusammen ist und sich freut nach Hause zu kommen. Er trifft Verabredungen mit Freunden oder Bekannten, die mit der Zeit immer jünger geworden sind und ein völlig anderes Leben führen als wir (nicht verheiratet, kein Kind etc). Ich weiß nicht, was er denkt, was in ihm vor geht. Aber ich stehe an einem Punkt, wo ich merke, so wie es zur Zeit ist, möchte ich nicht leben. Was das alles ausgelöst hat, ist am letzten Wochenende passiert. Er kam am Freitag gegen 21. 00 Uhr nach Hause. Normalerweise geht er freitags immer Karten spielen. Ich bat ihn zu Hause zu bleiben. Er blieb. Aber am Samstag meinte er, er würde sich im Ort noch mit Bekannten treffen, wäre 20.00 Uhr verabredet und komme so gegen 22.00 Uhr nach Hause. Ich ließ ihn ohne Diskussion gehen. An dem Abend blieb ich ziemlich lange wach, schlief aber gegen 0.30 Uhr ein. Er war noch nicht gekommen. Gegen 2.45 Uhr wurde ich wach, er war immer noch nicht da. Ich grübelte was los sei, ging durchs Haus, vielleicht schläft er ja im Wohnzimmer - keiner da. Ich machte mir Sorgen, wurde verzweifelt und auch ziemlich ärgerlich, wütend. Ich konnte nicht wieder einschlafen, blieb wach. Gegen 4.45 hörte ich ein Auto kommen, er kam rein. Er war angetrunken. Er war überrascht, mich wach anzutreffen und ich war wütend und fragte ihn ziemlich laut, wo er um diese Zeit herkomme. Er sagte es mir. Dann ging ich ins Bett. Kurz darauf kam er hoch und wollte mit mir reden, aber ich war so wütend und sagte, daß ich um diese Zeit mit ihm nichts zu reden habe, schließlich war es morgens um 5 und ich seit 2 Stunden wach. Daraufhin meinte er, ich solle nur sagen, daß er abhauen solle, aber ich erwiderte nichts. Er ging runter. Ich hörte es unten rumpeln, dachte er würde nun im Wohnzimmer schlafen. Aber kurz darauf hörte ich das Auto, er fuhr weg. Ich sprang vor Angst auf, lief nach unten und wollte ihm nach, rief , aber er hörte nicht. Ich konnte nicht glauben, was er da tat. Ich war vollkommen aufgewühlt, ängstlich, daß ihm etwas passiert und wütend zugleich. Kurze Zeit später fuhr ich mit dem Auto durch den Ort, um zu sehen, wo er hin ist, aber ich fand ihn nicht. Ich wartete zu Hause, machte mir Vorwürfe, malte mir alle möglichen Szenarien aus. Ich rief nachts ein paar Leute an, wo ich dachte, sie könnten wissen wo er hin sei, aber ohne Erfolg. Unser Sohn hat seinen Vater morgens natürlich vermißt und ich versuchte meine Sorgen vor ihm zu verbergen. Ich telefonierte noch mit ein paar anderen Leuten und bekam ein paar Details heraus. Wenn ich ein Polizeiauto sah, dachte ich, jetzt kommen sie und bringen ihn oder eine schreckliche Nachricht. Mittags gegen 13.00 Uhr als ich unseren Sohn gerade zum Mittagsschlaf hingelegt hatte und selbst schlafen wollte, kam er nach Hause. Gottseidank waren er und auch das Auto unversehrt. Er sagte, wenn ich ihn wieder anschreien würde, führe er gleich wieder. Ich sagte, daß ich jetzt schlafen müßte und wir später reden würden.
Später sagte ich ihm, wie sehr er mir wehgetan hatte, wie verletzt ich sei. Ich wollte wissen, warum er das gemacht hatte. Er meinte, er habe gesagt, er kommt vielleicht um 22.00 Uhr nach Hause. Er sei keine Frau und könne auf sich aufpassen. Daß er mit dem Auto gefahren sei, wäre eine Kurzschlußreaktion gewesen. Ich würde ihn einengen mit meinen Forderungen nach Pünktlichkeit und Verläßlichkeit. Eine Entschuldigung war von ihm nicht zu hören. Ich weinte viel. Auf meine Frage, was er will, was ich noch machen soll, schwieg er mich an. Ich sehe keine Lösung. Ich will nur nicht, daß jetzt alles weiterplänkelt bis zum nächsten Mal. Für mich wird er immer mehr unberechenbar. Alle Jahre versuche ich ihm mitzuteilen, welche Erwartungen ich an ihn habe. Er scheint es nicht zu verstehen.
Freunde haben mir geraten, mal nicht zu Hause zu sein, wenn er kommt, einfach eine Auszeit nehmen, aber ich befürchte, daß er die Wendung nicht sieht, daß es eine Chance ist, unsere Beziehung zu retten, daß er etwas verändern muß.
Ihn einfach ohne Erklärung sitzen lassen, kann ich nicht. Das würde er wahrscheinlich überhaupt nicht begreifen. Ich habe mir überlegt, daß ich unseren Sohn am Freitag, wenn er nach Hause kommt, schon zu meiner Mutter gebracht habe. Dann werde ich mit ihm Wegfahren, um ihm ungestört meinen Standpunkt klarzumachen. Ich wünsche mir, daß er erkennt, daß mir Familie, unsere Familie, wichtig ist, daß mir an ihm gelegen ist. Wenn wir am nächsten Tag wiederkommen, fahre ich ebenfalls zu meiner Mutterund bleibe den Rest des Wochenendes dort, damit er nachdenken kann. Weiter weiß ich nicht.
Was meint ihr zu der Situation? Was ratet ihr mir? Manchmal denke ich schon, daß ich verkehrt liege und er vermittelt mir dieses Gefühl. Ich will doch nichts besonderes.

Anwort von Susi

Liebe Ivonne,

ich muss mich ein bisschen zusammen nehmen, meine Antwort nicht subjektiv zu schreiben. Ich habe im Grunde genau das gleiche erlebt wie Du. Machtkämpfe, Schuldzuweisungen, Einengungsvorwürfe, Wegbleiben ohne den andern wissen zu lassen wo man ist und diese ganzen Ausflüchte habe ich alles hinter mir! Und: Auch ich habe damals den ganzen 'Laden' geschmissen - MIT Kind! Ich weiß also wirklich was Du meinst und kann es Dir nachfühlen!

Ihr habt Euch sehr früh kennengelernt und meist kommt in diesen früh geschlossenen Beziehungen früher oder später der Zweifel auf, irgendwas verpasst zu haben. Dein Mann durchlebt wohl gerade diese Krise, unbedingt etwas nachholen zu müssen, ohne Rücksicht auf seine Familie. Er hat aber Euch gegenüber eine Verantwortung zu erfüllen! Er hat jedoch schon häufiger gezeigt, dass er nicht gewillt ist, seinen Verpflichtungen nachzugehen. Zocken, Ausgehen mit der Einstellung "ich darf das", die Unberechenbarkeit mit der Du zurechtkommen musst. Dann diese Aktion mit dem Wegfahren, was wollte er damit bezwecken? Ich denke, dass er aus dieser Ehe rauswill, ihm ist das wohl alles über den Kopf gewachsen und statt es mal offen raus zu sagen und eine Konfrontation mit Euren Problemen zu riskieren zieht er es vor einfach zu fliehen und Dich im Stich zu lassen. Eine Beziehung zu führen liegt aber immer bei BEIDEN Partnern! Er macht sich sovieles kaputt - auch die Beziehung zu seinem Sohn. Wie soll DER denn lernen, dass eine Familie funktioniert, wenn sein Vater sich ständig aus dem Staub macht und Dich für die Beziehungskrise verantwortlich macht.
Du musst echt abwägen was Dir wichtiger ist! Du kannst Deinem Mann mal vorschlagen, zu einem Paartherapeuten zu gehen (ein Versuch ist es wert!). Tu dies nur, wenn Du selbst es auch möchtest!
Ich denke, an irgendeinem Punkt Eurer Beziehung habt Ihr Euch nicht mehr als PAAR wahrgenommen sondern habt nur noch funktioniert. Seid keine Liebenden mehr sondern jeder für sich frustrierter Ehepartner. Ob eine gemeinsame kurze Auszeit wieder für die Nähe sorgen kann, die ihr braucht um die Ehe harmonischer weiterzuführen, weiß ich nicht, ich kenne Euch nicht, weiß auch nicht was für Menschen Ihr seid. Ich weiß nur, dass ich an Deiner Stelle auch langsam die Nase voll hätte von seinem Benehmen vor allem von der Respektlosigkeit die er ständig an den Tag legt. Du bemühst Dich und versuchst die Beziehung am laufen zu halten aber er fühlt sich missverstanden und eingeengt?
ich bin sicher, wenn Du ihm sagst, er kann gehen, wird es bei ihm einen Schlag tun und er wird alles versuchen, Dich bei sich zu behalten. Überlege Dir gut, was Du willst - ob Du Deinem Sohn lieber eine ausgeglichene fröhliche Mama sein willst, oder eine, die sich ständig Sorgen über den Hausfrieden macht, und sich über den Vater ärgert!

Konkret helfen kann ich Dir nicht, ich hoffe aber, dass ich Dir zumindest zeigen konnte, dass Du nicht feststeckst!

Sieh mal, ich habe es aus meiner Misere damals auch rausgeschafft, meinen EX irgendwann mit meinem Gefühlsleben konfrontiert, welches total abgekühlt war, nachdem er mich mehrmals körperlich bedroht - nicht verletzt - hatte (einmal sogar vor den Augen meines Sohnes). Er hat so oft gesagt: wenn Du mich noch einmal fragst, ob ich Dich verlassen will, tu ich es wirklich. Der Knackpunkt war, dass er mich nie von sich aus verlassen hätte, weil es ihm bei mir zu gut ging!
Eines Tages habe ich ihm gesagt: Du gehst! Besser heute noch als morgen! Da war er baff! Er hats nicht geglaubt und viel versucht die Dinge zu kitten. Ich bin darauf nicht eingegangen - heute bin ich froh, dass ich diesen Schnitt gemacht habe. Ich lebe heute mit einem fabelhaften Mann zusammen, der meinem Sohn ein super Papa ist und ich schaue manchmal mit einer leichten Gänsehaut auf die damalige Zeit zurück - mir gings da wirklich gar nicht gut!

Ich wünsche Dir alles Liebe und viel Kraft! Ich bin sicher, dass Du für Dich die richtige Entscheidung treffen wirst!

LIebe Grüße
Susi