Problem von Anonym - 39 Jahre

Vergewaltigung meiner Tochter

Meine 14jährige Tochter hatte ca. 1 Jahr lang eine Beziehung zu einem Türken in ihrer Parallelklasse. Als sie Schluss machte, hat sie mir erzählt, dass er sie geschlagen und schlecht behandelt hätte.
Inzwischen hat sie eine neue Beziehung zu einem ganz lieben Jungen. Zu ihm hat sie so viel Vertrauen, dass sie ihm ihr schreckliches Geheimnis anvertraut hat. Er erkannte, dass sie alleine nicht damit fertig werden würde (sie hat sich geritzt und mit Alkohol betäubt) und vertraute sich meinem Mann und mir an.
Dabei stellte sich heraus, dass ihr Ex-Freund und ein ganzer Clan sie seit der Trennung terrorisiert und dass er und seine Freunde nachts schon 2mal an ihr Fenster geklopft und sie herausgelockt haben. Dann haben seine Freunde sie festgehalten und er hat sie vergewaltigt! Wir haben nicht weit davon geschlafen!
Meine Tochter blockt voll ab, möchte keine Anzeige erstatten und nicht darüber reden. Ich merke, dass sie vor etwas Angst hat. Wir hatten einen Termin bei einer Beratungsstelle, doch dort wollte sie nicht hin. Sie würde das mit ihrem Freund alleine schaffen.
Auf unser Drängen hat sie sich dann einem Lehrer anvertaut. Dieser meinte auch, sie solle proffesionelle Hilfe in Anspruch nehmen.
Ich weiß nicht mehr was ich machen soll. Die Gefahr ist jede Minute gegenwärtig und sie lässt sich nicht helfen. Ich habe auch Angst, dass sie sich noch etwas antut(auch falls es mit ihrem neuen Freund schief geht).
Soll ich mit meinem Mann zu Ihrem Ex und seinem Vater und ihm drohen, oder bringen wir dann unsere Tochter noch mehr in Gefahr. Zu einer Anzeige fehlen uns auch die nötigen Beweise. Ich bin total verzweifelt. Bitte antwortet mir schnell!

Anwort von Sabine

Hallo!

Wie Du selber erlebst und mitbekommst, hat Deine Tochter große Angst. Zum einen bekommt sie diese Angst eingeflösst von den Ex-Leuten, weil sie die Beziehung beendet hat und zum anderen denkt sie vielleicht, dass sie etwas falsch gemacht hat. Auch, wenn es nicht so ist. Natürlich braucht Deine Tochter professionelle Hilfe, aber es macht (gerade jungen Mädchen) Angst, wenn Dinge auf sie zukommen, wovon sie keine Ahnung haben. Ein Gespräch mit einer Polizistin (vielleicht in Zivil), könnte vielleicht schon helfen, damit sie aufgeklärt wird. Uniformen machen oftmals Angst und Deine Tochter wird ihre Gründe haben, warum sie keine Anzeige will.
Es ist gut, dass Deine Tochter sich euch anvertraut hat und euch erzählt hat, was passiert ist. Oftmals ist es so, dass gerade Vergewaltigungsopfer sich die Schuld geben. Sie schämen sich und denken oftmals, dass es ihre Schuld ist. Dabei ist das, was geschehen ist, nicht ihre Schuld, sondern der Täter hat es getan und egal, was vorher auch gewesen ist, dazu hat er nie das Recht gehabt. Er hat sich strafbar gemacht mit seinem Handeln und sollte bestraft werden. Was ist, wenn andere Mädchen auch so denken wie Deine Tochter? Dann läuft dieser Typ weiter rum und denkt sich vielleicht "ist doch toll und keiner zeigt mich an", also muss er es ja für ok finden, was er da macht. Wahrscheinlich wird er bewusst den Opfern Angst machen, damit sie genauso reagieren wie Deine Tochter. Ich will ihm damit nicht noch mehr anhängen (war nur eine Vermutung/Idee/Möglichkeiten) und ich will Deiner Tochter auch keinen Vorwurf machen, dass sie ihn nicht anzeigt, aber genau das ist das Schema, warum die Dunkelziffer bei Vergewaltigungen so hoch ist. Es ist peinlich, aber dennoch eine Angelegenheit mit denen die Behörden (Polizei/Gericht) tagtäglich zu tun haben und sie damit arbeiten (professionell natürlich), wie der Bäcker sein Brot verkauft. Traurig, aber es ist so.
Ich denke, erst wenn ihr Ex spürt, dass Deine Tochter sich wehren kann und wird, dann wird er ruhiger. Wenn die Polizei ihn erst einmal auf dem Kieker hat, dann wird er ruhiger und vorsichtiger. Ich möchte euch nicht raten ihn aufzusuchen und zu versuchen es mit ihm zu klären. Was Du über ihn beschreibst, klingt für mich nicht nach einem Menschen, der mit sich reden lässt.
Die Anzeige wird für Deine Tochter ein Stück des Verarbeitens der Angelegenheit sein. Es gehört dazu um damit klar zu kommen, was geschehen ist. Auch wenn es erschreckend klingt, aber ich finde, dass es für sie wichtig ist, dass sie darüber spricht, sich öffnet und sich helfen lässt. Es ist ein weiterer Schritt, damit sie es verarbeiten kann und verstehen kann, was da eigentlich passiert ist. Ich denke, dass man so was nie vergessen kann, aber man kann lernen damit zu leben. Es ist nicht leicht anzuerkennen, dass man so was im Leben erleben musste, aber man kann es lernen.
Wie gesagt, vielleicht ist es möglich, dass Deine Tochter mit einer Polizistin spricht und sie darüber aufklären kann, wie es abläuft, wenn man Anzeige erstattet. Auch ihr als Eltern solltet euch aufklären lassen. Ich denke, dass auch ihr die Möglichkeit habt Anzeige zu erstatten, denn eure Tochter ist minderjährig. Dies würde die Strafe bei einer Verurteilung des Täters noch verstärken. Es tut mir leid zu hören, was eure Tochter erleben musste und ich weiß, dass es die unsichtbaren Narben sind, die so sehr schmerzen. Dennoch ist es wichtig, dass sie lernt (professionelle Hilfe) es anzunehmen und sich deswegen nicht den Rest ihres Lebens zu schämen. Sie ist nämlich an all dem nicht schuld. Es braucht seine Zeit, bis man das verstanden hat, doch es ist so.
Vielleicht mag sich Deine Tochter auch selber an uns wenden, wenn sie Fragen hat. Wir sind natürlich auch gerne für sie da, wenn sie reden mag. Danke für Dein Vertrauen und wir wünschen euch alles Gute

lieben Gruß
Sabine