Problem von Karina - 25 Jahre

Liebe kontra verliebt sein

Ich stecke in einer Zwickmühle und hoffe, dass ihr mir helfen könnt. Ich bin seit 6 Jahren mit meinem Freund (A) zusammen und liebe ihn. Trotzdem habe ich mich vor 2 Jahren in seinen besten Freund (B)verliebt. Ich habe nie etwas mit B angefangen weil ich mit meinem Freund glücklich war und wir unsere Zukunft gemeinsam planten. B ging es mit mir ähnlich, wir haben uns vor einem halben Jahr auf einer Party geküsst. Am Tag danach haben wir uns getroffen und waren uns einig das A es nicht verdient betrogen zu werden. Von da an sind wir uns aus dem Weg gegangen. Ich habe versucht mir B aus dem Kopf zu schlagen, habe mit einer Freundin gesprochen und Tagebuch geschrieben. Was war, Fakten, Gefühle und die resultierenden Entscheidungen. Ich wollte es meinem Freund nicht sagen, denn ich habe mich für ihn entschieden und wollte ihm nicht weh tun. Vor drei Monaten komme ich in meine Wohnung und er sitzt auf der Couch mit meinem Tagebuch. Er sagt er fand wir sollten nach so langer Zeit keine Geheimnisse voreinander haben. Wir waren beide wütend und verletzt. Er, weil er sich betrogen fühlte, ich weil er gegen meinen Willen in meinen privatesten Gedanken und Gefühlen gewühlt hat. Wir haben über eine Woche gebraucht bis wir halbwegs vernünftig miteinander reden konnten. Ich fühlte mich schuldig obwohl ich ihn nicht körperlich betrogen habe und alles daran gesetzt habe das auch im Kopf nicht zu tun. Ich empfinde es als Respektlosigkeit das er in meinem Tagebuch gelesen hat und muss mich jetzt zwingen im zu vertrauen. Mit B hat er kein Wort mehr geredet und mir ebenfalls den Kontakt verboten. Ich habe eine gemeinsame Freundin gebeten Ihm zu erzählen was passiert ist, damit er eiß eworan er ist. Dieser Freundin haben wir uns früher schon beide anvertraut. Er hält sich jetzt von meinem Freund und mir fern, würde aber laut unserer Freundin gerne mit A reden und ist enttäuscht weil ich ihm nicht selbst alles erzählt habe. Das habe ich nicht getan, weil ich mir nicht sicher war, meine Gefühle für ihn im Griff zu haben. Er ist mir wichtiger als mir lieb ist, und ich wollte ihn nicht wissen lassen wie viel Platz in meinem Kopf und meinem Herzen er einnimmt. Jetzt, nach drei Monaten hat sich die Beziehung zu meinem Freund normalisiert, wir fangen wieder an einander zu vertrauen, machen Pläne und verbringen viel Zeit miteinander. B hat seit einem Monat eine neue Beziehung. Jetzt will mein Freund dass ich mit B rede damit die Kerle wieder Freunde sind. Toll.
Mich hat die ganze Geschichte ziemlich aus der Bahn geworfen. Den einen ganz zu verlieren war der Preis um den anderen behalten zu können. Trotzdem habe ich unglaublich gelitten und zugleich alles getan um es mir nicht anmerken zu lassen. Liebeskummer, Schuldgefühle, der Verlust von Vertrauen, die Angst allein zu sein und nicht zu wissen was richtig und falsch ist. Das Gefühl etwas Wichtiges verloren zu haben ist geblieben. Ich kann nicht einfach zu B gehen, jetzt wo alles vorbei ist und dafür sorgen dass für die beiden Kerle wieder alles wird wie vorher. Mein Freund fordert aber genau das von mir ein. Als versuche er zu prüfen wie weit ich über den anderen weg bin. Manchmal denke ich, dass ich das einfach aushalten muss. Dann wieder, dass das alles nicht fair ist. Das ich ihn hätte betrügen können, es aber aus Liebe und Respekt nicht getan habe. Das ich seinetwegen meinen zweitwichtigsten Menschen verloren habe und er mir jetzt zugestehen muss traurig zu sein und mir nicht länger Vorwürfe zu machen. Die Erkenntnis, dass mein Freund für B wohl wichtiger ist als ich tat weh. Ich habe jetzt das Gefühl ihm nicht mehr unter die Augen treten zu können weil ich mich zwischen die beiden gestellt habe. Aber ich konnte nichts gegen meine Gefühle tun, ich habe es wirklich versucht. Und B war selbst auch nicht besser. Er hat mich zu lange im Arm gehalten wenn wir uns begrüßt haben, hat mir viel zu lange in die Augen gesehen wenn wir geredet haben, hat mit mir geflirtet... Wir haben beide viel miteinander geredet aber wir haben uns nie miteinander verabredet, haben uns nur einmal allein gesehen als wir beschlossen wegen meinem Freund nichts miteinander anzufangen. Da haben wir einander auch erzählt, dass wir schon lange immer mehr für einander empfinden. Das hat sich über 2 Jahre aufgebaut. Anfangs harmlos und später immer mehr auf den Supergau zusteuernd. Das war einer der glücklichsten und zugleich verzweifeltsten Tage. Ich habe immer gewusst, dass ich nicht beide haben kann. Ich habe mich immer wieder für meinen Freund entschieden. Das war für uns beide nicht leicht. Ich habe gesehen wie er immer wieder für ein paar Wochen was mit anderen Frauen anfing und letzten Endes trotzdem immer wieder bei mir war. Ich war eifersüchtig und habe seine Eifersucht gesehen. Ich habe rumgezickt um ihn zu verscheuchen. Bin in seiner Gegenwart besonders zärtlich mit meinem Freund umgegangen weil ich ihm so weh tun wollte das er geht. Weil ich mir selbst zeigen wollte zu wem ich gehöre.
Ich kann verstehen das mein Freund verletzt ist seit er es weiß und einen Beweis braucht das er mir vertrauen kann. Trotzdem geht es mir schon bei der Vorstellung körperlich schlecht, dass ich B in unser Leben zurückholen, Ihn wieder sehen und nicht haben soll. Ich habe das zwei Jahre lang ausgehalten, jetzt geht das nicht mehr.
Bei meinem Freund habe ich mich oft sehr geborgen gefühlt, ich weiß was ich an ihm habe und ich weiß was mir bei ihm fehlt. Das was fehlt hat der andere. Manchmal habe ich meinem Freund die Schuld gegeben, weil er mich links hat stehen lassen sobald andere Leute im Raum waren, während B den Abend mit mir verbrachte. Weil er voller Ideen, voller Energie war während mein Kerl sich regelmäßig so besoffen hat das er Tage lang im Saft lag. Weil Meiner mir nicht das Gefühl gab begehrt zu werden und weil wir uns oft miteinander langweilten.
Naja, und darüber hinaus fand ich B einfach unglaublich attraktiv. Sein Körper, seine Art sich zu bewegen, seine Stimme. Manchmal, wenn er mich ansah, konnte ich an kaum etwas anderes denken als daran mit ihm ins Bett zu gehen. Es wäre gelogen wenn ich behaupten würde es ging mir nur um die tollen Gespräche, unsere ähnlichen Interessen und die Aufmerksamkeit die er mir schenkte. Ich fand den Kerl auch einfach geil wie keinen zweiten.
Die Frage ist: Was nun?
Ich muss zu B gehen, weil mein Freund den Beweis braucht das ich es kann. Andernfalls werde ich ihn verlieren. Ich kann nicht zu Ihm gehen, ich will ihn nicht mit seiner Freundin sehen, ich will nicht, dass mein Freund sich wieder mit ihm versteht. Ich fühle immer noch zuviel für ihn. Wenn er zurück kommt kann ich vielleicht nicht länger mit meinem Freund zusammen bleiben. Denn ich werde meinem Freund nicht noch einmal was vormachen, auch wenn es für mich und B länst zu spät ist.
Ich liebe meinen Freund. Und für uns kann es nur eine Chance geben wenn ich über den anderen weg komme. Wirklich weg komme. Das heißt auch, dass ich mich nicht mehr nach dem sehne was mein Freund nicht hat. Es fällt mir sehr schwer mich von meinen Vorstellungen vom ?Richtigen? zu lösen, mich mit der Unvollkommenheit unserer Beziehung zu arrangieren und mich mit dem Gedanken anzufreunden, dass ich nie mehr als das mit jemandem haben werde was er mir jetzt gibt. Ich muss aufhören einem Ideal nachzulaufen, diese Beziehung ist wirklich, dieser Mensch ist wirklich.
Ich fühle mich bleischwer und hoffnungslos. Ich kann mir nicht vorstellen ohne meinen Freund zu sein. Ich war mir immer sicher, dass es schlimmer wäre ihn zu verlieren als den anderen. Nachdem wir das bis hier hin zusammen durch gestanden haben war ich mir sicher das wir auch alles andere schaffen können. Jetzt denke ich über eine Trennung nach, weil ich das Gefühl habe mich zwischen meinen Bedürfnissen und unserer Beziehung entscheiden zu müssen. Ich weiß nicht was ich anders hätte machen können, außer vielleicht mich von meinem Freund trennen als das mit B anfing. Ich wollte Liebe aber nicht wegen Verliebtheit aufgeben und habe daran geglaubt das Letzteres vorbei geht.
Ich bin mir sicher, dass mein Freund die Trennung auf keinen Fall will. Wir leben zusammen, sprechen über Heirat und Familie. Ich glaube nicht mehr so ganz an uns weil, ich es immer noch nicht geschafft habe über meine Gefühle für B weg zu kommen. Wenn ich meinen Freund liebe, wieso schaffe ich das dann nicht?
Was soll ich also tun? Mich mit B treffen, mit ihm reden und versuchen zwischen ihm und meinem Freund alles zu kitten? Mich von meinem Freund trennen wenn ich sicher bin das mein Herz nicht ihm allein gehört? Beide Kerle in den Wind schießen und mich auf die Suche nach dem ?Richtigen? machen? Ich will nichts von alle dem. Ich will Zeit damit mein Freund und ich wieder ganz zusammen wachsen können. Ich will sicher sein das ich meine Gefühle im Griff habe bevor ich mit dem anderen spreche. Ich will meinem Freund sagen was mir fehlt und hoffen das vielleicht doch ein bisschen davon in ihm steckt. Aber ist es nicht feige wenn ich mich der Situation jetzt nicht stelle?

Vielleicht habe ich ja Glück und ihr seht die Angelegenheit aus einem Blickwinkel der mir noch nicht in den Kopf gekommen ist.

Dana Anwort von Dana

Grüße Dich, Karina!

Ich habe mir mal sagen lassen, dass es in langjährigen Beziehungen nahezu normal ist, dass man sich fremdverliebt. Es macht wieder bewusst, was man hat. Aber auch, was fehlt. Es hilft, die eigene, bestehende Beziehung so perfekt wie möglich zu halten. Weil man die eigene Situation neu überdenkt und die Beziehung keine Selbstverständlichkeit wird.

Stellt sich A die Frage, wie es passieren konnte? Warum Du Dich in einen anderen verliebt hast? Stellt er diese Frage Dir? Das fehlt mir in Deiner Mail irgendwie. Die große Frage nach dem Warum. Du hast Dich für Deinen Freund entschieden - aber dennoch muss doch eigentlich bei ihm eine Restangst bleiben, er könnte Dir am Ende nicht genügen, oder?

Es erscheint unüblich, dass er B auf wieder in euer Leben zurück haben will. Ich kenne es eher so, dass man die Gefahr, die da lauert, ausgrenzt. Für ihn ist es ein Beweis Deiner Zugehörigkeit, wenn Du mit B sprichst? Ich kann natürlich verstehen, dass auch A nicht auf diesen guten Freund verzichten möchte - aber hat er selbst nicht genauso etwas mit B zu klären? Ich meine, diese Verliebtheit findet oder fand ja nicht nur auf Deiner Seite statt. Wo ist die Wut auf B, weil er sich an seine Freundin herangemacht hat? Noch etwas unübliches.

Ist sich A Deiner so sicher? Mir würde es Angst machen, wenn mein Mann mir eröffnet, er habe sich in eine andere verliebt. Und auch, wenn dann von ihm die klare Entscheidung für mich fiele, würde ich mir meine Gedanken machen. Ist es einfach frauentypisch nach den eigenen Fehlern zu suchen? Sind Männer da wirklich so anders? Wo ist sein Bemühen, Deine Entscheidung zu festigen, ein Stück um Dich und Deine Liebe zu kämpfen? Mir fehlt das. Dir nicht auch?

Um noch einmal auf meine Einleitung zu sprechen zu kommen: Dir fehlt etwas in der bestehenden Beziehung. Und ich denke, ihr zwei solltest daran arbeiten, dass sich das ändert. Niemand ist perfekt - aber er kann perfekt für jemanden sein. "Der Spazt in der Hand ist besser als die Taube auf dem Dach" passt auf viele Lebenssituationen; aber nicht in die Liebe. Was meine Beziehung angeht, möchte ich selbst mich nicht mit weniger arrangieren, als ich haben könnte, als ich möchte.

Ich würde versuchen, genau dort anzusetzen: Sprecht offen darüber, was fehlt und wie ihr es in eure Beziehung holen könnt. Es geht doch erst einmal um Karina und A.

Was das Gespräch mit B betrifft, solltest Du auch ehrlich zu A sein: Sag ihm, dass Du erst einmal diese Beziehung wieder absolut im Lot haben möchtest. Du hast Dich für ihn entschieden, ihn nie betrogen, obwohl die Versuchung groß war. Diese Versuchung möchtest Du nicht so schnell wieder vor Dir stehen haben. Erst einmal schauen und daran arbeiten, dass es keine Versuchung mehr gibt.

Offene Gespräche - frei von Vorwürfen. Jeder spricht nur von sich selbst. Das ist ein relatives gutes Rezept. Die eigenen Wünsche, Vorstellungen und Erwartungen formulieren. In diesem Gespräch darf jeder Satz mit "Ich" beginnen. Kein "Du machst immer" oder "Nie machst Du". Sonder "Ich wünsche mir" und "Mir fehlt". Sucht euch einen ruhigen Abend, stellt das Telefon ab und setzt diese klaren Regeln. Und dann schaut erst einmal hin, dass eure Beziehung wieder näher an das perfekte rückt.

Alles Gute!
Dana