Problem von Anonym - 16 Jahre 25.02.07

habe sie lieb, kann es ihr aber nicht sagen

Guten Tag,
Erst einmal möchte ich Ihnen für Ihre Arbeit danken. Es erfordert sicherlich eine hohe emotionale Belastbarkeit, außer für die eigenen Problemen im alltäglichen Leben - von denen meiner Einschätzung nach jeder Mensch wenigstens einige mehr oder minder große hat - noch Lösungsvorschläge oder jedenfalls Anregungen für die Probleme unzähliger anderer Erdenbewohnern zu geben. Mein Problem ist, dass in unserer Familie ständig Streit herrscht. Dies ist jedoch nicht so zu verstehen, dass ich mich mit jemandem streite; zu meiner 13 - jährigen Schwester habe ich ein gutes Verhältnis und mit meiner Mutter streite ich ebenfalls kaum ( was eventuell daran liegen könnte, dass sich unsere Unterhaltungen in 95 % der Fälle auf Banalitäten wie "Was gibt es heute zum Mittagessen ?" beschränken). Dies begründet sich in der Tatsache, dass wir nur in Ausnahmefällen Zeit für längere Unterhaltungen finden, da meine Mutter 24 Stunden am Tag mit meiner achtjährigen Schwester beschäftigt ist. Diese tyrannisiert die gesamte Familie seit mehr als 2 Jahren mit Beleidigungen, Geschrei, Schlägen und Schubsen. Sie ist schon seit dem Kleinkindalter "so"(in Ermangelung eines Fachbegriffs). Darum nahmen wir anfangs an, es handele sich lediglich um die "normale" Trotzphase .(Nun könnte man an dieser Stelle die Frage stellen, was "normal" bedeutet.) Allerdings geht ihr Benehmen weit über das hinaus, was ich von den Geschwistern meiner Freunde gehört und selbst gesehen habe. Seit einigen Monaten hat sie wöchentlich Therapiestunden bei einer Kinderpsychologin und seit wenigen Wochen zusätzlich noch Lerntherapiestunden wegen einer Rechenschwäche. Meine Mutter setzt all ihre Hoffnungen in die Verhaltenstherapie. Sie hat mir erzählt, dass sie schon mal überlegt hat, meine Schwester in ein Heim zu geben. Das Problem ist, dass die Therapie bisher überhaupt keine Früchte trägt. Es wird stattdessen immer unerträglicher. Meine Schwester schreit sehr oft mitten in der Nacht durch die ganze Wohnung(momentan mindestens jede zweite Nacht). Können wir einmal ausschlafen, ist dies ein unerwarteter Glücksfall. Oft bringt sie meine Mutter dazu, vollkommen die Nerven und damit die Selbstbeherrschung zu verlieren. In diesen Situationen schreit meine Mutter unkontrolliert meine Schwester an und zieht sich dann weinend zurück. Meine Schwester möchte, dass ich mehr mit ihr spiele, aber ich sehe mich dazu absolut außerstande. Ich weiß, dass mir meine Mutter und meine andere Schwester aus diesem Grund Vorwürfe
machen (obwohl sie es nur selten laut sagen ). Meine zur Zeit im Einsatz befindliche "Lösung" sieht so aus, dass ich mich in mein Zimmer zurückziehe und dort auch den Großteil der Mahlzeiten einnehme. Ferner bemühe ich mich sehr, guteLeistungen in der Schule zu erbringen um nach dem Abitur Literatur und Journalismus studieren zu können und nach Kanada auswandern zu können (Diagnose: voraussichtlich Verdrängung und Flucht vor der Vergangenheit). Doch ich mache mir große Sorgen um meine 13 - jährige Schwester, da sie Harmonie und Frieden in stärkerem Maße braucht als ich. Sie ist sehr begabt, aber ich habe Angst davor, dass sie durch die ständige Belastung schlechte Noten bekommt und so ihre Zukunft wegwirft (von seelischen Problemen wie beispielsweise Depressionen ganz abgesehen- sie hat sowieso häufig Kopfschmerzen durch Stress). Denn die Schule ist der einzige Weg, hier herauszukommen. (Klingt thetralisch, ist jedoch meiner Ansicht nach wahr.) Dass ich bei der Durchführung meines Bildungs - und teilweise auch Lebensplanes wahscheinlich nie eine Beziehung zu meiner achtjährigen Schwester haben werde, bedauere ich schon irgendwo. Manchmal fragen mich Freunde "Aber du hast sie doch auch lieb, nicht wahr ?" , lächeln dabei wissend und erwarten felsenfest zu hören : "Na klar, sie ist ja meine Schwester !! " . Ich fühle mich mittlerweile nicht mehr in der Lage, besagtes zu antworten. Vielleicht können Sie mir einige Tips geben. Vielen Dank