Problem von Nicole - 30 Jahre

Verheiratet mit einem depressiven Mann

Hallo,
ich hoffe ihr könnt mir weiterhelfen. Ich bin mit meinem Mann seit 12 Jahren zusammen und habe 3 Kinder mit ihm. Wir haben uns ein schönes Haus gebaut und haben eigentlich alles.
Leider hat mein Mann manische Depressionen. Ich habe schon einiges mit ihm durchmachen müssen. Am schlimmsten war es allerdings im Jahr 2002/2003.
Mein Mann hat das Trinken angefangen. Er hat mich ständig belogen. Überall habe ich leere, oder mit Wasser aufgefüllte Bierflaschen gefunden. Damals war ich schwanger. Da ich mal eine Pause brauchte, hat mich mein Arzt zur Mutter-Kind-Kur geschickt. Als ich dort war, war mein Mann nie zu erreichen - er war ständig unterwegs oder hat seinen Rausch ausgeschlafen. Nicht mal bei seinem einzigen Besuch war er nüchtern. Als ich dann von der Kur kam, flattert ein Brief vom Amtsgericht ins Haus, von dem ich erfahren habe, dass mein Mann bereits vor meiner Kur seinen Führerschein wg. Alkohol verloren hat. Er wollte es vor mir vertuschen. Da wir sehr abhängig von seinem Einkommen waren, habe ich ihn dann immer in die Firma gefahren. Ich habe nachts hochschwanger meine beiden schlafenden Kinder (ich wollte sie nicht alleine lassen) ins Auto gesetzt und habe ihn von der Arbeit abgeholt bzw. hingefahren. Das ging dann fast 2 Jahre so. Allerdings hat er immer noch heimlich getrunken. Als unsere Tochter dann 6 Monate alt war, ging ich wieder mal nach einem Streit zu meiner Schwägerin. Da ich mit der Kleinen noch einen Arzttermin hatte, ließ ich meine beiden anderen dann bei Ihr, weil ich sie nicht mehr bei meinem Mann lassen konnte. Beim Arzt stellte sich dann heraus, dass ich mit ihr in die Klinik mußte. Also rief ich meine Schwägerin an, die sich bereiterklärte meine Kinder bei sich zu behalten (sie waren damals 5 u. 2 Jahre).Meinen Mann konnte ich wieder mal nicht erreichen. Also fuhr ich kurz heim (um mir auch Kleidung zu holen). Zuhause fand ich dann einen Zettel, daß er bei einem Arbeitskollegen sei. Ich bin allerdings doch mal in das Lokal gegangen, in das er immer ging. Da war er auch. Angetrunken in einer intensiven Unterhaltung mit einer Frau. Als er mich sah, torkelte er gleich mir hinterher. Ich ließ ihn einfach auf dem Parkplatz stehen, sagte nur kurz, daß ich ins Krankenhaus müsse. In der Woche Krankenhausaufenthalt, hat er sich nicht einmal nach uns erkundigt. Er wußte nicht einmal mit welchem Kind ich im Krankenhaus bin. Meine Schwägerin erzählte mir, daß er zu Hause nur im Bett liegen würde und nicht einmal auf seine anderen 2 Kinder reagieren würde.
Als ich dann entlassen wurde, fand ich meinen Mann total benommen im Bett vor. Nach einem Gespräch, haben wir entschlossen, ihn in eine psych. Klinik einzuweisen. Leider war zu dieser Zeit kein Therapieplatz frei, sodass wir noch eine Woche warten mußten. 2 Tage später habe ich ihn wieder mit Alkohol erwischt. Ich ging dann mit meinen Kindern wieder zu meiner Schwägerin.
Als ich dann wieder heimkam, war er nicht da. Da nahm ich dann mal unseren Telefonnachweis und rief eine mir unbekannte Nummer an. Da stellte sich heraus, dass mein Mann im Zeitraum meines Krankenhausaufenthaltes mit einem unangemeldeten Motorroller und ohne Führerschein in eine 50km entfernte Stadt in die Disko gefahren ist. Dort hat er die Besitzerin der Tel.Nummer kennengelernt. Ihr hat er erzählt, daß ich ihn verlassen hätte und er sie am liebsten gleich mit heim nehmen würde. Sie hatte aber kein Intesse gehabt.
Am nächsten Tag, als mein Mann auftauchte, habe ich ihn damit konfrontiert und ihn gleich am nächsten Tag in die psych. Klinik einweisen lassen. Ich war froh, dass ich in der Zeit mal zur Ruhe kommen konnte. Allerdings stellte sich heraus, dass er die Spardosen der Kinder aufgebrochen (ca. 700 ?) und auch das Konto leergeräumt hat. Ich war damals ganz schön fertig. In der Klinik stellte sich dann heraus, dass mein Mann sich in einer tiefen Depression befindet und sich durch den Alkohol gut fühlte. Also lag alles an seiner Krankheit - so die Ärzte. Allerdings hat er bis jetzt noch nicht eingesehen, dass er aufgrund seiner Medikamente vom Alkohol die Finger lassen soll.
Letzes Jahr wollte er wieder mit einer Arbeitskollegin anbandeln. Das aber wieder aufgrund eines depressiven Tiefs passiert ist.
Mein Problem ist jetzt. Ich mag meinen Mann, vielleicht ist es auch Mitleid. Wir verstehen uns so eigentlich gut, bloß habe ich keine Lust mehr mit ihm intim zu werden. Er versteht das natürlich nicht, heute erst hat er mir vorgeworfen, dass er das brauche, damit er sich wohl fühlt. Seine Arbeitskollegen hätten täglich Sex. Aber ich kann im Moment nicht. Ich habe es lang genug nur ihm zuliebe gemacht (1 mal wöchentlich). Ich weiß nicht was ich machen soll, zur Trennung fehlt mir einfach der Mut. Ob eine offene Ehe vielleicht eine Lösung wäre?? Auch muß ich noch erwähnen, daß meine Eltern zum größten Teil unser Haus finanziert hat (ca 170 000 ?). Wie soll ich ihnen das beibringen, da damals nichts notariell geschrieben wurde. Ich rede mir halt immer ein, dass alles an seiner Krankheit lag/liegt und er nichts für diese Krankheit kann (sie brach damals aus, als er 16 war). Ich weiß auch, dass er es nicht verkraften kann, wenn ich mich von ihm trennen würde. Er ist ein Mann, der bis zu seinem 26 Lebensjahr von seiner Mutter bemuttert wurde. Er würde alleine nicht zurechtkommen. Da er bereits schon 3 Suizidversuche hinter sich hat, weiß ich, daß er bei einer evtl Trennung es durchziehen würde.
Ich würde mich freuen, wenn Ihr mir antworten könntet.
Liebe Grüße
Nicole

Anwort von Sabine

Halllo Nicole,

ich habe lange überlegt, was ich Dir auf Deine Mail antworten soll. Ich habe mich auch gefragt, ob Du überhaupt eine Antwort von uns brauchst, da Du in Deiner Mail eigentlichwie eine sehr starke Frau wirkst. Ich will auch ehrlich sein, denn ich verstehe Dich nicht so ganz in dem, was Du tust und wie Du fühlst und denkst. Dennoch möchte ich Dir antworten. In zwei Richtungen. Die eine Seite in mir sagt: Warum macht sie das alles? Die andere Seite sagt: sie muß diesen Mann wirklich abgöttisch lieben, aber was liebt sie? Liebt sie wirklich? Oder ist es nur Mitleid, dass sie bei ihm bleibt? Das sind die Dinge, die ich nicht verstehe.
Ihr habt vor 12 Jahren geheiratet und ihr habt 3 bezaubernde Kinder. Soweit ich es Deiner Mail entnehmen konnte, hast Du den größten Teil der Erziehung übernommen, da er das Einkommen für euch aufbringt und viel arbeitet. Dann hast Du mehr oder weniger akzeptiert, dass er dem Alkohol verfallen ist, eben wegen seiner Krankheit, wie Du sagst. Wahrscheinlich ist er schon unzurechenbar, wenn er jetzt in der Klinik ist. Das ist auch gut so.
Viele Frauen, die Deine Mail lesen, fragen sich wahrscheinlich: warum geht sie nicht einfach? Warum verlässt sie ihn nicht? Diese Beziehung scheint nur noch materielle Hintergründe zu habe, wie z.B. das Haus und emotionale Gründe bzgl. der Eltern, die es finanziert haben. Was aber denkst Du, denken Deine Eltern über Deine Ehe? Ich weiß, dass es nicht ihre Angelegenheit ist, da Du eigenständig bist, aber sie stecken schon ein wenig dahinter, da sie Dir das Dach über dem Kopf finanzieren. Ja, ich will ehrlich sein, denn ich habe beim Lesen auch gedacht "oh Mädchen, warum verlässt Du ihn denn nicht? Ohne ihn wärst Du bestimmt besser dran". Dann las ich aber Deine letzten Worte in Deiner Mail, wo Du schreibst: ich mag ihn und ich habe Angst, dass er sich was antun könnte, da er eben krank ist.
Für mich klingt es, als steckst Du doch noch Hoffnung in eure Ehe und davor ziehe ich den Hut nachdem, was Du alles bereits durchgemacht hat. Jede andere Frau wäre vielleicht schon weg, aber nein, Du bleibst. Ich glaube Dein Mann weiß gar nicht, was er an Dir hat. Ich bin auch überzeugt, dass Du ihn liebst, denn sonst hättest Du diese Gefühle und Gedanken nicht. Ich ziehe den Hut vor Deiner Stärke und das Du daraum kämpfen willst, dass es wieder so wird, wie es einmal gewesen ist.

Wenn er jetzt in einer Klnik ist und betreut wird, dann sollte man vielleicht jetzt die Zügel noch strämmer anziehen und Du solltest auch mit ihm reden, wenn er auf die Medikamente eingestellt ist. Sprich vielleicht auch mit einem Arzt darüber, in wie weit es Sinn macht mit ihm zu reden. Ich weiß, dass die Alkoholkrankheit nicht zu unterschätzen ist, aber ich kenne mich nicht so gut damit aus, dass ic sagen könnte, dass man mit diesen erkrankten Menschen auch Diskussionen führen kann. Deshalb wäre vielleicht ein Gespräch mit einem Arzt hilfreich um zu erfahren in wie weit Du mit ihm arbeiten kannst. Er muß kapieren, dass er Hilfe brauch. Er muß die Hilfe jetzt annehmen. Sprich mit ihm darüber und versuche ihm klar zu machen, dass eure Familie zerbricht, wenn er jetzt nicht den Absprung schafft und mitarbeitet Richtung Heilung. Ein Risikopatient wird er wohl immer bleiben, aber wenn er Dich wirklich noch liebt, dann kann auch er die Kraft aufbringen um euch zu kämpfen, damit ihr wieder eine Familie sein könnt. Damit alles wieder so wird, wie es früher vielleicht einmal gewesen ist.
Sicherlich brauch er auch den Sex um glücklich zu sein. Für viele gehört es in eine Beziehung um komplett zufrieden zu sein,aber dazu wird er seinen Teil auch beitragen müssen. Das Du mit ihm schläfst um ihm einen Gefallen zu tun, ist ein großer Fehler. Das ist kein Sex, sondern ..... keine Ahnung, wie man es nennen soll.... aber es bringt euch nicht näher, wenn Du Dich aufopferst. Du entfernst Dich nur noch mehr und er kann nicht wirklich spüren, dass Du bei der Sache bist. Sich einfach nur hinzulegen, damit er seine Befriedigung findet, Dich einfach nur benutzt, macht mehr zwischen euch kaputt, als es euch lieb ist. Ihr könnt wieder Sex haben, wenn er Dir geben kann, was Du ihm geben kannst und deswegen ist es so wichtig, dass er zur Gesundheit jetzt beiträgt, dass er wieder gesund und fit wird und voll einsatzfähig. Es ist nicht gut, wenn er seinen Job verliert wegen dem Alkohol. Ihr seid auf das Geld angewiesen.
Gemeinsam könntet ihr es schaffen, aber wie gesagt, dazu ist seine Kraft und sein Wille genauso erforderlich wie Deiner. Du bist bereit, dass hast Du in Deiner Mail mehr als deutlich beschrieben, aber was ist mit ihm. Ohne ihn geht es nicht. Du mußt Dich nicht aufopfern. Das hast Du jahrelang getan, wie Du es in Deiner Mail beschrieben hast. Er ist dran und genau darüber solltest Du mit ihm sprechen, wenn er dazu in der Verfassung ist. Es ist wichtig, damit ihr es gemeinsam schaffen könnt.
Liebe Nicole, ich bewundere Dich und Deine Stärke und wünsche euch beiden von ganzem Herzen alles Gute und das ihr es schafft wieder die Familie zu werden, die ihr einmal gewesen seid. Ich ziehe meinen Hut vor Dir.

Lieben Gruß