Problem von Anonym - 16 Jahre

Einfach kein Ausweg mehr

Seit meinem Schulabschluss vor einem halben Jahr leide ich sehr unter Depressionen und starkem Stress. Ich komme nicht richtig zur Ruhe und werde immer von mir selbst runtergezogen. Kann nicht mehr lachen,habe zu nix lust und lasse soziale Kontakte links liegen.

Alles fing damit an das ich nach der Schule meine Ausbildung angefangen habe. Die ist in einer anderen Stadt. Ich war nie länger als eine Woche von meiner Familie getrennt was schon der erste schwere grund ist womit ich mich abfinden muss und dann fühl ich mich auch noch von meinen Freunden im Stich gelassen.

Außerdem wird mir bewusst wieviel ich im Leben bisher in den kleinen 16 Jahren falsch gemacht habe und wie schwer es ist dies zu ändern. D.h. ich habe mir sprichwörtlich immer die Freunde gesucht die nicht gut für mich sind. Doch sowas merkt man leider erst wenn man seine Freunde am meisten brauch. Ein Freund bleibt mir noch mit dem ich über alles reden kann,doch den seh ich nur alle 4-8 wochen.
Neue Leute zu finden ist in meiner jetztigen Umgebung sehr schwer, denn meine Klasse ist voll mit Leuten die ein starkes Drogenproblem haben. und der rest ist älter und will anscheinden nix mit mir zu tun haben. Sportvereine kann ich mir nicht leisten da ich auf einer Privatschule bin und dazu das Geld fehlt.

Auch meine Eltern belaste ich sehr. Ich sitze nur noch da sag kaum ein Wort und ich finde alles nur noch belastend. Ich komm da allein nicht raus. ich habe angst das mein leben immer von diesem roten faden verfolgt wird. Ich bin sehr schüchtern das weiß ich und ich habe ein großes problem auf leute zuzugehen. Ich habe echt keinen ausweg mehr.

Oft denk ich "Nach deiner ausbildung wird das alles wieder" aber ich habe angst das ich enttäuscht werde wenn es nicht so ist .

Marie Anwort von Marie

Lieber Ratsuchender,

danke, dass du dich uns anvertraut hast!

Wenn ich es richtig verstanden habe, leidest du seit dem Beginn deiner Ausbildung in einer neuen Stadt unter Depressionen, fühlst dich lustlos und ziehst dich immer mehr zurück. Du bist innerlich ständig "unter Strom" und kannst dich über nichts mehr richtig freuen.
Der Auslöser dafür war bzw. ist, dass du kaum Kontakt mehr zu deiner Familie hast, dich von deinen Freunden im Stich gelassen fühlst und auch deinen besten Freund nur selten siehst. Es fehlt dir einfach jemand, mit dem du dich unterhalten und Zeit verbringen kannst, aber du bist auch zu schüchtern, um selbst die Initiative zu ergreifen und denkst, dass die anderen nichts mit dir zu tun haben wollen. Durch deine Befürchtungen und deine Traurigkeit ziehst du dich noch weiter zurück und gerätst dadurch in noch größere Zweifel und Traurigkeit - ein richtiger Teufelskreis.

Um dort herauszukommen, kannst du im Wesentlichen zwei Dinge tun.
Erstens: Arbeite an deinen sozialen Kontakten.
Wenn du deinen besten Freund und deine Familie nur selten sehen kannst, dann telefoniert zumindest regelmäßig miteinander. Das ist vielleicht nicht dasselbe, aber immer noch besser als nichts. Und es ist wichtig, damit du jemanden hast, mit dem du reden kannst.
Versuche auch, zu den älteren Leuten in deiner Klasse Kontakt aufzubauen. Woher weißt du, dass sie nichts mit dir zu tun haben wollen? Gibt es dafür Beweise oder hast du nur das Gefühl, dass es so ist?
So ein Gefühl kann trügerisch sein - besonders, wenn man ohnehin gerade sehr mit sich selbst hadert.
Auch wenn es viel Überwindung kostet: Versuch mal, mit einem von ihnen, der dir spontan sympathisch erscheint, ein Gespräch anzufangen. Das Gesprächsthema kann erstmal etwas ganz Alltägliches sein, z.B. über etwas, was die Ausbildung betrifft. Versuche, ihn näher kennen zu lernen; stelle ihm Fragen. Wenn er abblockt, muss das nichts mit dir zu tun haben - er könnte auch einfach nur einen schlechten Tag haben. Dann kannst du es einfach später noch einmal probieren oder, wenn du merkst, dass er wirklich kein Interesse an dir hat, dann versuche es bei jemand anderem. Mit der Zeit werdet ihr euch besser kennen lernen können und vielleicht auch ab und zu etwas zusammen unternehmen.
Auch außerhalb deiner Schule gibt es bestimmt einige Möglichkeiten, neue Leute kennen zu lernen - gibt es vielleicht Vereine, die dich interessieren und bei denen du keine oder nur eine geringe Gebühr bezahlen müsstest? Oder gibt es in eurer Schule irgendwelche AGs oder Sportkurse, die deinen Interessen entsprechen und wo du andere Schüler kennen lernen könntest?
Du musstest, was Freundschaften angeht, bisher viele schlechte Erfahrungen machen. Das Gute daran ist: Du weißt jetzt genau, auf wen du dich verlassen kannst und worauf du bei deinen zukünftigen Freundschaften Wert legst.

Die zweite Sache, die ich dir ans Herz legen möchte, ist, dir professionelle Hilfe zu suchen. Deine Antriebslosigkeit, deine Niedergeschlagenheit, die innere Unruhe, dein sozialer Rückzug, die Unfähigkeit, dich zu freuen - das alles sind deutliche Anzeichen für eine echte Depression. Und Depressionen kann man gut behandeln, z.B. mit einer Psychotherapie, die dir dabei helfen kann, neue Freundschaften aufzubauen und die Freude am Leben wiederzufinden. Außerdem hast du dann jemanden, mit dem du einfach mal über alles sprechen kannst, was dich belastet, ohne komisch angeschaut zu werden oder Angst haben zu müssen, jemandem zur Last zu fallen.
Bitte schau dazu mal in unsere Soforthilfe: http://mein-kummerkasten.de/Soforthilfe/31/Wie-finde-ich-einen-Psychologen.html
Adressen von Therapeuten in deiner Nähe findest du hier: http://therapie.de

Und bitte, versuche dir jetzt keine Sorgen über deine Zukunft zu machen. Kümmere dich erst einmal um dich und um die Probleme, die dich im Hier und Jetzt beschäftigen.
Wenn du später irgendwelche Probleme haben solltest, kannst du dich DANN immer noch damit auseinandersetzen. Der richtige Zeitpunkt, um sie zu lösen, ist, wenn sie da sind - und nicht jetzt. Es bringt dir nichts, jetzt unglücklich zu sein, nur weil du in Zukunft unglücklich sein könntest.

Ich wünsche dir alles Gute und ganz viel Kraft!

Viele liebe Grüße,
Marie