Problem von Anonym - 12 Jahre

Was ist mit mir los?

Hallo,
Ich weiß gar nicht wo ich anfangen soll. Puh, ein bisschen über mich und meine Familie:
Ich habe einen kleinen 3 Jahre jüngeren Bruder. Meine Eltern sind seid fast 2 Jahren geschieden. Ich habe die Trennung bis heute nicht gut verkraften, besonders weil mich die Gefühle meines Vater sehr belastet haben und es teilweise immer noch tun.
Anfangs war er immer traurig und deutete auch immer an das die Trennung nicht von ihm aus gegangen war. Aber einige Monate später war er total sauer auf Mama und hat alles was sie nicht perfekt gemacht hat kritisiert. Aber ich glaube nicht das mein Bruder etwas davon mitbekommen hat denn es waren mehr offensichtliche Andeutungen die mir aber sehr zu schaffen machten. (Ich weiß das das bei vielen Scheidungen der Gefühlsablauf ist)

Meine Mutter war total glücklich und stellte uns einige Monate später bereits ihren neuen
Freund vor, was auch erstmal kein Problem ist er ist freundlich und wir verstehen uns ganz gut mit ihm. Aber sie befahl uns Papa nichts davon zu erzählen um keinen ,,Stress" zu erzeugen.

So ist die ganze Situation generell angespannt... Ales fing einige Monate nach der Scheidung an.
Ich bekam Stimmungsschwankungen und alles was zu Pubertät dazu gehörte. Aber dann kam der Lockdown. Die ersten Woche waren noch super cool aber dann fing ich an mich traurig zu fühlen und typische Anzeichen einer Depression verknüpft mit einer Angststörung zu bekommen. Ich schwor mir sollten die Symptome sich bis zu den Sommerferien nicht gebessert haben wollte ich zu einem Psychologen gehen. Aber Lockdown Ade und alles schien langsam wieder besser zu werden...aber vor ein paar Wochen begann das was anderes... Ich reagiert auf kleine Ereignisse übertrieben emotional. B.w.s. befahl meine Mutter mir das Zimmer aufzuräumen. Wo andere genervt oder vielleicht sogar wüten reagierten saß ich einige Minuten später heulend in meinem Zimmer. So fange ich in letzter Zeit häufig an zu weinen wenn ich nur an etwas negatives denke. Ich kann mit niemanden darüber reden, zu meinen Freunden habe ich nicht genug Vertrauen und ich kenne sie auch noch nicht solange. Bei meiner Mutter stoße ich bei solchen Themen entweder auf totales Unverständnis oder sie tut es als Pubertät und Übertreibung ab. Unsere Beziehung ist zur Zeit generell ziemlich angespannt. Bei meinem Vater ist das schon besser aber unsere Beziehung ist eher ,,oberflächlich". Wir reden nicht so über Gefühle.

Sorry für diesen Roman aber da ich in meinem Umkreis keinen Ansprechpartner habe ich das, das erste mal das ich mich jemandem öffne auch wenn es nur das Internet ist. Aber kommen wir zur Kernfrage. Was ist mit mir los? Stimmungsschwankungen der Pubertät wegen? Eine Depression? Eine Phase? was glaubt ihr?

Danke für jede Hilfe
(Sorry auch für Rechtschreibfehler und das Durcheinander, bin nur aufgeregt)

Lan Anwort von Lan

Liebe Ratsuchende,

danke für dein Vertrauen und dass du uns geschrieben hast.

Du brauchst dich nicht zu entschuldigen, es ist total schön, dass du so mutig bist und uns das alles geschrieben hast. Das ist ein riesiger Schritt und toll, dass du das geschafft hast. Dafür meine größte Wertschätzung!

Dein wichtigstes Anliegen ist zu klären, was derzeit mit dir los ist. Ich kann verstehen, dass du einfach nicht weißt, woran es liegt. Und ganz ehrlich: Das kann ich dir leider auch nicht sagen, dazu kenne ich dich zu wenig und aus der Ferne kann und will ich keine Feststellungen machen. Diagnosen darf ich auch nicht stellen, das darf auch nur ein Therapeut oder Psychiater.

Ich könnte dir aber Anregungen geben, die dir weiterhelfen, deine Antwort zu finden. Aber vielleicht gibt es auch nicht DIE richtige Antwort, vielleicht treffen mehrere Dinge auf dich zu. Wenn du das liest, horch mal in dich und schau, wo du am meisten Zustimmung merkst.


Scheidung der Eltern

Bei dir kommen ja wirklich viele Dinge zusammen. Angefangen bei deinen Eltern und dass du zwischen deinen Eltern stehst. Eine Scheidung als Kind oder Jugendlicher durchzumachen, das ist echt hart und wünsche ich niemanden. Ich habe das selbst auch durchgemacht als ich ungefähr in deinem Alter war. Es war ein einziges Hin- und Her, ich habe sehr gelitten. Insofern kann ich es ein wenig nachempfinden, was du durchmachst. Dass du sozusagen deinem Vater das verheimlichen sollst, ist sicher nicht leicht, willst du vielleicht trotzdem ein gutes Verhältnis zu deinem Vater haben. Dann kommt hinzu, dass dich die Gefühle deines Vaters noch immer belasten.

Du schreibst auch selbst, dass du die Trennung nicht gut verkraftet hast, obwohl es zwei Jahre her ist, seit deine Eltern geschieden sind.
Es wäre denkbar, dass das alles noch in die arbeitet und dich auch noch einmal zusätzlich belastet.
Vielleicht täte es dir und euch gut, wenn ihr einen Familienberater aufsucht.

Ich rate dazu, dass du dir Hilfe suchst und auch noch einmal mit deinen Eltern sprichst. Deine Mutter macht es dir nicht leicht. Du fühlst dich nicht ernst genommen, sie schiebt das alles weg, obwohl du mit Problemen zu kämpfen hast. Versuche es dennoch, je öfter du das machst, desto mehr wird sie hoffentlich begreifen, dass die Lage auch ernst ist.


Befasse dich mit dir selbst

Ein guter Ansatz, das alles besser zu verstehen, wäre, wenn du die Antworten in dir selbst suchst und dich mit dir selbst beschäftigst.
Gut wäre, Tagebuch schreiben. Oder generell einfach alles aufschreiben, was dich beschäftigt und dir durch den Kopf geht, wie du dich fühlst, wenn du wieder das Gefühl hast, dass du dich nicht gut fühlst. Das könnte dir helfen, deine Gedanken und Gefühle zu ordnen. Und vielleicht auch Erleichterung schaffen.

Vielleicht versuchst du dich noch einmal an die Zeit zu erinnern, als du anfingst, diese Trauer zu spüren. Ich denke mir, dass so ziemlich jeder mit dem Lockdown zu kämpfen hatte und sehr viele auch in so ein tiefes Loch gefallen sind. Das hat unser ganzes Leben auf den Kopf gestellt, wir mussten unsere sozialen Kontakte beschränken, einige haben sich sogar komplett selbst isoliert. Das ist eine schwere Zeit, wo die Gefühle auch mal durchdrehen können und wir Phasen von Depression erleben. Es ist und bleibt eine Krisenzeit. Kannst du dich noch an die Anfangszeit erinnern? Du schreibst, dass es anfangs noch super cool war, aber du angingst, dich traurig zu fühlen. Was könnte der Auslöser gewesen sein? War es eine bestimmte Situation oder etwas anderes?

Du schreibst, dass du derzeit sehr oft weinen musst, sobald du an etwas Negatives denkst. Das muss sehr schwer und belastend für dich sein. Fühle dich von mir gedrückt! Du machst gerade eine schwere Zeit durch, erschwerend kommt hinzu, dass du nicht weißt, woher die Traurigkeit kommt. Aber es ist vollkommen in Ordnung, dass du auch weinen musst. Wenn du dich danach fühlst, dann ist das okay, das darf sein. So ist es eben. Deine Gefühle gehören zu dir, sie wollen gefühlt werden. Und sie wollen dir etwas sagen. Meist geht es darum, dass etwas nicht in Ordnung ist, dass ein Problem besteht, was gelöst werden soll. Vielleicht spürst du nochmal mehr in deine Traurigkeit rein und fragst dich, woher sie kommen könnte.


Hilfe suchen

Es macht mich traurig, dass du in deinem Umfeld keinen hast, dem du dich so öffnen kannst. Von all den Menschen, die dich besser kennen, wem könntest du das eventuell am liebsten anvertrauen? Horch mal an dich. Wenn dir niemand einfällt, dann ist das auch in Ordnung.

Vielleicht würde es dir leichter fallen, dich einer fremden Person oder nicht so vertrauten Person anzusprechen. Meist fällt es dann leichter, auch über Gefühle, Probleme und Sorgen zu sprechen.

Ein Psychologe oder Therapeut wäre eine gute Anlaufstelle. Aber da es nicht immer so leicht ist, einen Termin zu bekommen, kannst du es auch bei anderen Anlaufstellen probieren.

Vielleicht gibt es bei dir auch Jugendberatungsstellen? Da sind Menschen, die geschult sind, mit Themen, wie sie dich beschäftigen, umzugehen. Sie könnten dir durchaus weiterhelfen.


Auch das Positive im Leben nicht vergessen

Ich denke, dass es dir helfen könnte, wenn du auch die Dinge kennst, die dich glücklich machen. Etwas bestimmtes zu essen, etwas, das du magst, ein besonderes Buch, Hobbys und Interessen, die dir Freude bereiten. Schreib mal alles auf, mach dir eine Glücksliste und versuche die Dinge öfter in dein Leben einzubauen. Du kannst deinen Freunden davon erzählen und ihr könntet die Dinge gemeinsam machen, dann würde es noch mehr Spaß machen.

Ganz zum Schluss will ich dir noch auf den Weg mitgeben: Es gibt Hoffnung. Es wird wieder bessere Zeiten geben. Auch diese schwierige Zeit, auch diese belastenden Probleme werden vorbei sein. Doch dazu musst du mutig und offen sein, dich anderen anzuvertrauen und Hilfe zuzulassen. Du kannst das aber schaffen, das weiß ich. Du bist ein starkes Mädchen, du hast schon einmal so eine schwere Zeit durchgestanden, du schaffst das wieder.

Ich habe dir hier noch Links zusammengestellt, die dir weiterhelfen könnten:
https://mein-kummerkasten.de/index.php/333083/Habe-ich-villeicht-Depressionen.html
https://www.deutsche-depressionshilfe.de/depression-infos-und-hilfe/wo-finde-ich-hilfe/krisendienste-und-beratungsstellen
https://mein-kummerkasten.de/Soforthilfe/31/Professionelle-Hilfe-Wie-finde-ich-einen-Psychotherapeuten.html
https://www.deutsche-depressionshilfe.de/depression-infos-und-hilfe/selbsttest-offline


Ich wünsche dir alles Gute und viel Kraft für deinen weiteren Lebensweg. Wenn du noch etwas auf dem Herzen hast, schreib uns doch gerne.

Viele Grüße,
Lan