Anwort von Lan

Lieber Ratsuchende oder liebe Ratsuchende,

danke, dass du dich uns anvertraut hast. Ich bitte um Entschuldigung, dass du so lange auf deine Antwort warten musstest.

Es macht mich sehr traurig, dass du daran denkst, nicht mehr leben zu wollen. Da ist momentan so vieles, was dich sehr bedrückt und belastet. Du hast Probleme mit der Schule und mit dem Führerschein und denkst, dass du deinen Eltern zur Last fällst. Eine ganz große Sorge ist für dich, dass du deine Eltern enttäuscht und sie unglücklich machst, weil du ihre Erwartungen nicht erfüllst. Das alles zieht dich sehr herunter und ich glaube dir, dass dir das alles zu viel wird. Ich würde dich jetzt gern symbolisch in den Arm nehmen, wenn du magst.

In solchen Momenten, die du gerade erlebst, wirst du einfach von so viel Negativem überwältigt, es scheint, als wärst du deinen Problem schutzlos ausgeliefert. Du willst einfach nur, dass es endet und aufhört. Du denkst daran, nicht mehr zu leben. Es könnte ja so leicht sein, alles zu beenden. Dann könnte der ganze Schmerz weggehen, kein Stress, keine Erwartungen mehr, keine Angst. Suizid könnte der einfache Weg sein. Aber denkst du, dass er deine Probleme wirklich lösen würde?


Es gibt immer einen Weg aus der Krise

Du schreibst, dass du einfach nur verschwinden willst. Ich frage dich: Denkst du, es würde wirklich besser werden? Ich denke, auch wenn es mal schlecht im Leben läuft, es gibt immer Hoffnung und Möglichkeiten, dass sich alles wieder bessert. Und ich denke, dass deine Familie und deine Freunde wahnsinnig traurig wären, wenn du sie verlassen würdest. Mag sein, dass du sie mal enttäuscht, aber darum lieben sie dich doch nicht weniger.

Du willst verschwinden, damit deine Eltern und Geschwister glücklich sind. Aber warum denkst du, wären sie glücklich, wenn es so wäre? Wer sagt dir das? Ich bin mir sehr sicher: Sie wären das Gegenteil davon. Schließlich bist du ein wichtiger Teil der Familie. Sie würden um dich trauern, sie wären sehr verletzt, sehr traurig. Weil es sie sehr schmerzen würde, dich zu verlieren. Dein Tod würde ganz sicher mehr Kummer bescheren, glaub mir. Und davon mal abgesehen: Du scheinst deine Existenz stets in Verbindung mit der Unzufriedenheit deiner Familie zu sehen. Aber woher willst du wissen, dass es ihnen deinetwegen schlecht geht? Du bist niemals schuld daran, wenn es ihnen schlecht geht. Sie sind für ihr eigenes Glück oder Unglück verantwortlich.

Selbstmord mag für dich jetzt der einfachere Weg sein, aber willst du wirklich dein Leben wegwerfen? Gibt es denn gar keine Hoffnung? Ich kann verstehen, dass du gerade so aufgewühlt bist und keinen einzigen Ausweg siehst. Aber das heißt nicht, dass es nicht doch noch einen geben kann. Das Leben besteht leider auch aus vielen Tiefen und Krisen und es kommt vor, dass wir Probleme und Kummer haben, leiden. Aber diese schwierigen Zeiten gehen auch wieder vorbei.

Bitte halt an dem Leben fest, erinnere dich daran, dass es auch mal schöne Zeiten gab, denk an die Dinge, die du toll findest, die du magst, die das Leben lebenswert machen. Denke an die schönen Augenblicke und an das, was du momentan hast, wofür du dankbar sein könntest.


Es ist okay, die Eltern zu enttäuschen

Du schreibst, dass du deine Eltern ständig enttäuscht. Du bereitest ihnen Stress, schreibst du. Aber weißt du das denn sicher? Haben sie dich darauf angesprochen? Schimpfen sie mit dir? Oder ist das alles in deinem Kopf? Bitte hinterfrage das und versuche auch mal das Ganze aus Sicht einer außenstehenden Person zu sehen.

Mag sein, dass deine Eltern gewisse Erwartungen an dich haben. Als Kind will man natürlich, dass die Eltern auf einen stolz sind. Du hast deine Eltern vielleicht auch schon als Kind vergötterst, wolltest alles für sie sein, um geliebt zu werden. Und das setzt sich auch noch bis heute fort. Alles sehr verständlich. Und deine Eltern haben natürlich gewisse Erwartungen. Sie wollen nur das Beste für dich und denken, sie wüssten es. Darum wollen sie auch, dass du dich so verhälst, wie sie es für richtig halten. Klar haben sie auch mehr Lebenserfahrung.

Doch was nun das Beste für dich wäre, das entscheidest allein du. Du bist jetzt in einer Phase, in der du dich selbst findest und erwachsen wirst. Es geht jetzt vor allem um dich. Ich will dir eindeutig sagen: Du bist nicht dafür auf der Welt, um alles zu tun, was deine Eltern von dir verlangen. Du bist ein Mensch, der lernt, auf eigenen Beinen zu stehen, der seinen Weg geht. Ich bin der Ansicht, dass du auch nicht für das Glück deiner Eltern verantwortlich bist. Du bist auf der Welt, um dein Leben zu leben.

Es fällt schwer, die Erwartungen der Eltern nicht zu erfüllen und zu merken, dass man sie enttäuscht. Aber wenn du erwachsen werden willst, musst du lernen, deinen Weg zu gehen, auch wenn es bedeutet, dass deine Eltern eben nicht immer damit einverstanden sind.

Es ist absolut okay, seine Eltern zu enttäuschen. Denn du lebst dein Leben und nicht das Leben deiner Eltern. Ich merke, dass du dich schuldig fühlst, deinen Eltern nicht zu genügen. Du hängst immer noch sehr an ihnen. Doch es wird irgendwann mal Zeit, Abstand zu gewinnen, dich abzunabeln, um selbstständig zu werden. Momentan hindern dich diese Schuldgefühle und die Angst, deine Eltern zu enttäuschen, in die Freiheit zu gehen und dich selbst zu entfalten.

Klar wäre es toll, wenn man immer die Zustimmung der Eltern bekommt und sie alles toll finden, was wir machen. Aber so läuft es eben oftmals nicht. Du hängst sehr an deinen Eltern und an deren Anerkennung, was ich absolut nachvollziehen kann.
Aber es kann nie gut gehen, wenn wir immer nur die Anerkennung und Liebe bei anderen suchen. Wir werden abhängig, unglücklich. Du solltest dir lieber das geben, was du brauchst. Du willst Anerkennung, Wertschätzung, dass das, was du tust, gewürdigt wird, du willst Liebe? Dann gebe dir diese Dinge selbst. Ich weiß, es klingt leichter gesagt als getan. Vor allem wenn man doch viele Selbstzweifel hat. Aber daran kannst auch du arbeiten.

Vielleicht sprichst du nochmal mit deinen Eltern darüber. Sag ihnen, was dich belastet, dass du gerade echt viele Probleme hast, dass du sie nicht enttäuschen willst. Vielleicht findet ihr ja gemeinsam eine Lösung?


Beschäftige dich mehr mit dir selbst

Ich denke, es täte dir gut, wenn du den Fokus mehr auf dich selbst richtest und dich von den Erwartungen deiner Eltern und der anderen distanzierst. Das ist sicherlich schwer, aber wenn du nicht damit anfängst, wirst du am Ende unglücklich, weil du nicht das Leben lebst, was du leben willst.

Du schreibst, dass du nichts kannst, was wichtig wäre. Aber wer sagt denn das? Ist das deine Einschätzung? Was wichtig ist, das ist für jeden etwas anderes. Denk mal darüber nach, was du gut kannst, was du an dir selbst magst. Frage auch mal deine Freunde, falls dir nichts einfällt. Ich bin mir sicher, dass es einiges gibt, auch wenn du gerade denkst, dass da nichts ist.

Du bist sicher ein ganz ganz toller Mensch, du bist liebenswert und du hast es verdient, dass du akzeptiert und geliebt wirst. Und ich bin mir sicher, dass das deine Freunde und deine Familie tun. Es kann immer mal passieren, dass wir andere enttäuschen, aber das gehört zum Leben dazu. Wir sind aber wie gesagt nicht auf der Welt, um andere glücklich zu machen. Du bist für dein Glück verantwortlich und die anderen für ihrs. Und selbst wenn du mal enttäuschen solltest, selbst wenn deine Eltern mal sauer auf dich sind, dann lieben sie dich aber trotzdem.

Es wird außerdem Zeit, dass du mal schaust, was du eigentlich willst. Was sind deine Ziele und Wünsche? Was für ein Leben willst du führen? Was erwartest du? Ich lese sehr heraus, dass dir sehr viel daran liegt, was deine Eltern denken, was sie von dir erwarten. Aber was ist mir dir? Du bist auch wichtig und darum sollte es jetzt vor allem um dich gehen.

Du bist wichtig und wertvoll, allein für das, was du bist. Du musst nichts leisten, du musst keine Erwartungen erfüllen, deinen Eltern gefallen, damit du geliebt wirst und wichtig bist. Du bist es schon, egal, was du tust oder was du nicht tust. Du bist es wert, geliebt und gemocht zu werden, mit all deinen Fehlern und Schwächen. Niemand ist perfekt, auch deine Eltern nicht. Sie haben auch nicht alles richtig gemacht, sie haben auch andere Menschen verletzt und enttäuscht. Aber das macht sie nicht zu schlechteren Menschen und das trifft auch auf dich zu.


Vergleichen ist nie gut

Du scheinst dich auch sehr mit deinen Geschwistern zu vergleichen. Sich mit anderen zu vergleichen kann eigentlich nur demotivieren und herunterziehen, vor allem, wenn man denkt, dass man schlechter abschneidet als die anderen. Mag sein, dass deinen Geschwistern einiges leichter fällt, sie in einigen Dingen besser sind. Aber das spielt keine Rolle. Es geht hier ganz allein um dich und ich wage zu bezweifeln, dass sie in der gleichen Situation sind wie du. Du hast mit vielem zu kämpfen, war das bei deinen Geschwistern auch so? Du kannst aber eben auch nichts dafür, dass du diese Belastungen hast. Du solltest niemals die Schuld bei dir suchen. Bitte höre auf, dich mit ihnen oder anderen zu vergleichen. Du bist doch ein wundervoller und einzigartiger Mensch, mit niemandem zu vergleichen. Dich gibt es nur einmal und darum bleib dir selbst treu, du bist toll, wie du bist. Jeden anderen gibt es ja schon.

Du schreibst, dass du keine Angst mehr haben und dich nicht mehr verstecken willst. Ich merke, dass du daran arbeiten willst und darum hast du auch uns geschrieben. Das war sehr mutig von dir und beweist auch, wie sehr du die Probleme überwinden willst.

Ich glaube ganz ganz fest an dich und dass du all das, was du brauchst, bereits in dir hast. Du musst es nur finden und dich von anderen unterstützen lassen, um dein eigenes Potenzial zu entfalten.


Hilfe suchen

Du musst da auf keinen Fall allein durch. Ich glaube, dass es dir helfen würde, mit jemandem darüber zu sprechen. Wie wäre es mit deinen Freunden? Oder einem Vertrauenslehrer? Ich denke, dass du mit deinem Klassenlehrer auch darüber sprechen solltest, wie du die Probleme in der Schule bewältigen kannst. Mit deinem Fahrlehrer könntest du dann über die Probleme beim Fahren sprechen. Da gibt es sicherlich Möglichkeiten.

Es ist vollkommen legitim, dass du dir Hilfe suchst, wenn du selbst nicht mehr weiter weißt. Du könntest auch eine Beratungsstelle oder einen Therapeuten aufsuchen. Nimm deinen Mut und sprich über deine Probleme. Ich bin mir sicher, dass es Lösungen geben kann. Jeder von uns hatte mal Probleme mit der Schule und ich hatte unter anderem auch große Schwierigkeiten, meinen Führerschein zu bekommen. Das sind harte Zeiten, aber wir können sie schaffen, wenn wir uns rechtzeitig Hilfe suchen. Es gibt immer Hoffnung, du musst nur fest dran glauben.

Hier eine Soforthilfe, was du über Psychotherapie wissen musst:
https://mein-kummerkasten.de/Soforthilfe/31/Professionelle-Hilfe-Wie-finde-ich-einen-Psychotherapeuten.html

Außerdem empfehle ich dir als Akut-Ratgeber die Nummer gegen Kummer (116 111 oder unter https://www.nummergegenkummer.de/und die Telefonseelsorge (0800.1110111 oder 0800.110222 oder unter der Webseite https://www.telefonseelsorge.de). Diese wahren Anonymität, wodurch es leichter werden kann, die Hilfe zu suchen. Die Berater können gut einschätzen, welche Hilfe notwendig ist.


Hier habe ich dir noch einige Links, die dir weitere Anregungen geben können:
https://mein-kummerkasten.de/331181/Suizid.html
https://mein-kummerkasten.de/331974/Ich-hasse-mich-so-sehr.html
https://mein-kummerkasten.de/211715/Bin-nicht-gut-genug-fuer-meine-Eltern.html
https://www.luhze.de/2020/03/01/die-kunst-seine-eltern-zu-enttaeuschen/


Ich hoffe, dass ich dir ein wenig Kraft und Hoffnung für deinen weiteren Lebensweg geben konnte.


Beste Grüße,
Lan